1. Gesetzliche Einstellungspflichten
Rn. 19
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
§ 270 Abs. 2 schreibt vor, dass Einstellungen in die Gewinnrücklagen bereits bei der Bilanzaufstellung zu berücksichtigen sind, wenn sie nach Gesetz vorzunehmen sind. Solche nach dem Gesetz vorzunehmenden Einstellungen betreffen die:
(1) |
Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder einem mit Mehrheit beteiligten UN (vgl. § 272 Abs. 4); |
(2) |
gesetzliche Rücklage bei AG/KGaA/SE (vgl. §§ 150 Abs. 2, 300 AktG). |
Werden im laufenden GJ eigene Anteile oder Anteile an einem herrschenden oder einem mit Mehrheit beteiligten UN erworben, so hat in der Bilanz eine entsprechende Dotierung der Rücklage für eigene Anteile zu erfolgen (vgl. § 272 Abs. 4). Zu diesem Zweck darf auch eine ansonsten frei verfügbare Gewinnrücklage verwendet werden. Problematisch erscheint die Auslegung der Vorschrift in den Fällen, in denen eigene Anteile entgegen § 33 GmbHG bzw. § 71 AktG erworben werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften entbindet grds. nicht von der Verpflichtung, bestehende Bilanzierungspflichten einzuhalten. Zur Vermeidung praktischer Probleme sollte jedoch die Rücklagendotierung auf den Zeitpunkt verschoben werden, in dem wiederum frei verfügbare EK-Mittel zur Verfügung stehen (vgl. Knop, DB 1986, S. 549 (555f.); HdR-E, HGB § 272, Rn. 154f.).
Rn. 20
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Dotierung der gesetzlichen Rücklage hängt von dem Ergebnis des GJ, über das Rechnung gelegt werden soll, sowie von dem Bestand der gesetzlichen Rücklage ab. Diese Rücklagendotierung kann mithin erst dann vorgenommen werden, wenn die Bilanzaufstellung bis auf die Ergebnisverwendungsüberlegungen abgeschlossen ist. Auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem BilSt liegt und somit die Höhe der Rücklagenzuführung aufgrund der Abhängigkeit vom Jahresergebnis erst nach dem BilSt endgültig bestimmt werden kann, ist die Einstellung in die gesetzliche Rücklage bereits bei der Bilanzaufstellung zu erfassen. Eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips liegt nicht vor, da der wertbestimmende Faktor, nämlich das Jahresergebnis an sich, vor dem BilSt realisiert ist; lediglich die genaue Höhe (= wertaufhellender Faktor) ist erst nach dem BilSt ermittelbar.
2. Gesetzliche Einstellungswahlrechte
Rn. 21
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die gesetzlichen Regelungen sehen einige Möglichkeiten vor, Einstellungen in die Gewinnrücklagen vorzunehmen, ohne dass diese Dotierungen zwingend vorgeschrieben werden:
Rn. 22
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Da gemäß § 270 Abs. 2 nur solche Einstellungen, die nach Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung vorzunehmen oder aufgrund solcher Vorschriften beschlossen worden sind, bereits bei der Aufstellung der Bilanz zu berücksichtigen sind, ergibt sich die Frage, inwieweit Rücklagendotierungen infolge der genannten Einstellungswahlrechte bereits bei der Bilanzaufstellung zu berücksichtigen sind. Der Wortlaut des § 270 Abs. 2 ist insoweit eindeutig, als er sich nur auf Einstellungen bezieht, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Die Einstellungswahlrechte gemäß § 29 Abs. 2 GmbHG bzw. § 58 Abs. 3 AktG dürften demgegenüber der zweiten Alternative in § 270 Abs. 2 – Einstellungen, die aufgrund solcher Vorschriften beschlossen worden sind – entsprechen, da diese auf einem Gesellschafterbeschluss basieren. Eine Berücksichtigung in der Bilanz ist jedoch nicht möglich, da diese Gesellschafterbeschlüsse erst nach der formellen Feststellung des JA i. R.d. Gewinnverwendungsbeschlusses gefasst werden. Da zu diesem Zeitpunkt der Aufstellungsprozess bereits abgeschlossen ist, hat eine Berücksichtigung der Einstellungen in die Rücklagen in der Bilanz nicht zu erfolgen; die beschlossene Einstellung kann erst i. R.d. Bilanz für das Folgejahr bilanziell nachvollzogen werden.
Rn. 23
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Mit den Vorschriften der §§ 58 Abs. 2f. AktG, 29 Abs. 4 GmbHG soll grds. der Verwaltung ein Instrument an die Hand gegeben werden, erwirtschaftete Ergebnisse im UN zum Zweck der Selbstfinanzierung zurückzuhalten. Besteht nicht die Möglichkeit, vor der Feststellung des JA Beträge in die Gewinnrücklagen einzustellen, so stehen diese Beträge der Gesellschafterversammlung für Dividendenzahlungen zur Verfügung (vgl. § 29 Abs. 1 GmbHG; § 58 Abs. 4 AktG). Die genannten Instrumente zur Rücklagenbildung würden demnach nicht greifen. Aus diesem Grund dürfte § 270 Abs. 2 inhaltlich so auszulegen sein, dass mit der zweiten Alternative ("auf Grund solcher Vorschriften beschlossen worden sind") nicht nur Gesellschafterbeschlüsse gemeint sind, sondern insbesondere auch Beschlüsse anderer Organe, denen aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften das Recht übertragen wurde, Rücklagendotierungen vorzunehmen.
Im Übrigen würden sonst diese Befugnisse gemäß der §§ 58 Abs. 2f. AktG, 29 A...