Rn. 63

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

In Anbetracht des definierten Mindestumfangs befürchteten die Wirtschaft sowie deren StB zum Einführungszeitpunkt der E-Bilanz einen erheblichen Anpassungsbedarf für das betriebliche Rechnungswesen, wie z. B. die Änderung der Bearbeitungsreihenfolge der steuerlichen Überleitungen (vgl. Koch/Nagel, NWB 2010, S. 1340 (1344)) und die Notwendigkeit zur elektronischen Einreichung einer StB und einer steuerlichen GuV (vgl. § 5b Abs. 1 Satz 3 EStG). Begründet wurde die Abkehr von der HB, der handelsrechtlichen GuV sowie der Überleitungsrechnung (vgl. § 5b Abs. 1 Sätze 1 bis 2 EStG) mit der erhöhten Intransparenz sowie Fehleranfälligkeit bei der Überleitung aller Ansätze und Beträge auf allen Ebenen innerhalb der Taxonomie auf die jeweiligen steuerlichen Werte. Der hierdurch entstehende Anreiz zur Führung eines eigenständigen steuerlichen Buchungskreises steht u. a. der Aufstellung einer Einheitsbilanz entgegen, welche die überwiegende Anzahl an bilanzierenden Unternehmen grds. bevorzugt (vgl. so auch Sopp/Richter/Meyering, StuW 2017, S. 234 (244f.)).

Nach dem schwierigen Start der E-Bilanz wurde in den vergangenen Jahren eine breite Akzeptanz erreicht. Die Finanzverwaltung begründet diese Entwicklung mit dem bis heute bestehenden Informationsfluss und -austausch, da die Einführung der E-Bilanz sowohl auf Seiten des Steuerpflichtigen und dessen StB als auch auf Seiten der Finanzverwaltung eine erhebliche Umstellung bedeutete (vgl. BMF (2018), S. 39). Die positive Einschätzung wird auch von der Wirtschaft und deren Beratern geteilt. So wird die E-Bilanz samt technischer Infrastruktur inzwischen als "praxistauglich" (Kowallik, DB 2016, S. 133 (135); Kowallik/Bongaerts, DB 2016, Beilage Nr. 4 zu Heft 47, S. 1 (8)) und "robust" (Grabowski, BBK 2019, S. 310 (311)) bezeichnet. Grabowski (BBK 2019, S. 310 (311)) kommt sogar zu dem Schluss, dass in der Einführungsphase seitens einiger Beratungs-UN "unverhältnismäßig viel Angst und Schrecken" verbreitet wurde.

Die zunehmende Akzeptanz der E-Bilanz spiegelt auch die Qualität der übermittelten Daten wider. Der verbesserte Informationsgehalt der E-Bilanzen ist zum einen auf Verbesserungen der Übermittlungssoftware (wie z. B. Änderung der Voreinstellungen; vgl. OFD NRW, Verfügung vom 18.12.2014, S 2133b – 2014/0009 – St 145, DB 2015, S. 101; LfSt Rheinland-Pfalz, Verfügung vom 06.02.2017, S 2133b A/S 2226 A, S 2144 A-St 31 4, St 32 1, DB 2017, S. 459) und zum anderen auf die Potenziale der E-Bilanz zurückzuführen (vgl. BMF (2018), S. 40).

 

Rn. 64

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Potenziale können sich für den Steuerpflichtigen im Bereich des Steuerdeklarationsprozesses ergeben. Bereits zum Zeitpunkt der Einführung der E-Bilanz wurde darauf hingewiesen, dass die E-Bilanz nicht nur als kostenintensives Ärgernis betrachtet, sondern als Chance verstanden werden soll, die Daten für Zwecke der Steuerplanung und zur Optimierung des Steuerdeklarationsprozesses zu nutzen (vgl. Ortmann-Babel, BB 2011, S. 112f.). Insbesondere Prozesse zur Erstellung der Steuerberechnung und -erklärung sollten in diesem Zusammenhang aufgenommen und ggf. neu konzipiert werden. Hierdurch wäre eine Entlastung bei Routinearbeiten i. R.d. JA-Erstellung möglich (vgl. BayLfSt/Finanzverwaltung NRW (2022), S. 4). Die Optimierung des (gesamten) Steuerdeklarationsprozesses ist nach hier vertretener Ansicht erstrebenswert, jedoch bedarf es hierzu der Vereinheitlichung der Übermittlungsformate ebenso wie der Bezeichnungen der Felder bzw. Positionen zwischen den Steuererklärungen und der E-Bilanz. Mit der Taxonomie 6.1 wurden erstmals – getrieben durch die Mitglieder der Fach-AG "Taxonomie Steuer" – zahlreiche Positionen (wie bspw. in der GuV im Bereich der "Erträge aus Beteiligungen" für Zwecke des § 8b KStG) eingefügt, um eine Verbindung zwischen der KSt- und GewSt-Erklärung und der E-Bilanz herzustellen (vgl. kritisch hierzu Grabowski, BBK 2019, S. 310 (314f.)). Vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Steuerfunktion ist diese Erweiterung sehr zu begrüßen und sollte auch für die anderen Felder der Steuererklärungen fortgesetzt werden. Die Potenziale können jedoch nur genutzt werden, wenn der Steuerpflichtige den Kontenrahmen zugleich um entsprechende Konten ergänzt und sein Buchungsverhalten anpasst. Kowallik/Bongaerts (DB 2016, Beilage Nr. 4 zu Heft 47, S. 1 (9f.)) gehen sogar von einer Neupositionierung der Steuerfunktion durch die E-Bilanz aus. Begründet wird dies mit der stärkeren Einbindung der Steuerabteilung in alle für sie relevanten UN- und Entscheidungsprozesse. Die Notwendigkeit der Einbindung ist zwar zu bejahen, jedoch kann die E-Bilanz nach hier vertretener Ansicht nicht alleiniger Auslöser, sondern nur ein weiterer Treiber der Optimierung des Steuerdeklarationsprozesses sein. Das Erfordernis zur Neupositionierung der Steuerfunktion innerhalb des UN beruht primär auf den zunehmenden Compliance-Anforderungen und dem allg. Trend zur Digitalisierung der Steuerfunktion. Damit die für d...

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