1. Übersicht
Rn. 26
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Der Jahresüberschuss bzw. Bilanzgewinn kann aufgrund des Gesellschaftsvertrags ganz oder teilweise ("soweit") von der Gewinnverteilung nach § 29 Abs. 3 GmbHG ausgeschlossen sein (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 1 (2. Halbsatz) GmbHG). Ein bedingter Anspruch des Gesellschafters auf den Gewinnanteil ist nicht zwingend. Die Satzung kann ihn aufheben oder beschränken. Auch bereits nach altem Recht (vgl. § 29 Abs. 1 GmbHG 1980) war das Fehlen eines statutarischen Ausschlusses von der Gewinnverteilung eine negative Voraussetzung des Gewinnanspruchs der Gesellschafter.
Rn. 27
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Mit Einführung der gesetzlichen Beschlussermächtigung hinsichtlich der Gewinnverwendung in § 29 Abs. 2 GmbHG hat der Gesellschaftsvertrag als Möglichkeit der Begründung einer solchen Kompetenz der Gesellschafterversammlung seine Bedeutung verloren (für Altgesellschaften gilt indessen § 29 Abs. 1 GmbHG 1980 grds. fort; vgl. zum Übergangsrecht HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 57ff.). Zur Bestimmung des konkreten Umfangs einer nach Abs. 2 zulässigen Beschlussfassung über die Rücklagendotierung haben Satzungsbestimmungen nach wie vor ihre Berechtigung. Derartige Vorschriften des Gesellschaftsvertrags begrenzen zugleich – jedenfalls mittelbar – den Anspruch der Gesellschafter auf Gewinnbezug nach Abs. 1, unabhängig davon, ob die betreffende Bestimmung auf den Ausschüttungsanspruch ausdrücklich Bezug nimmt. Die Satzung kann indessen den Gewinnbezug der Gesellschafter unmittelbar regeln und diesen generell oder im Hinblick auf einzelne Gesellschafter zeitweise oder dauernd gänzlich ausschließen (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 28ff.).
2. Genereller Ausschluss
Rn. 28
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Es ist möglich, von vornherein alle Gesellschafter durch die Satzung vom Gewinnbezug auszuschließen. In praxi findet sich ein solcher genereller Ausschluss der Gesellschafter vom Gewinn vornehmlich bei gemeinnützigen und gewinnlosen Gesellschaften (vgl. GmbHG-GroßKomm. (2020), § 29, Rn. 72). Die Gewährung des Gemeinnützigkeitsprivilegs setzt u. a. voraus, dass sich die Art dieses Zwecks (Gemeinnützigkeit) und seine Übereinstimmung mit den Anforderungen der §§ 52ff. AO aus der Satzung ergeben (vgl. §§ 59, 60 AO). Wird eine bisher gewinnorientierte GmbH entsprechend den genannten Vorschriften durch Satzungsänderung in ein gemeinnütziges UN überführt, bedarf dies in aller Regel eines einstimmigen Beschlusses der Gesellschafter, da hierdurch die bisherige Struktur der Gesellschaft grundlegend verändert wird (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 34).
Rn. 29
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Ein Sonderfall des Ausschlusses aller Gesellschafter vom Gewinnbezug nach § 29 Abs. 1 Satz 1 (2. Halbsatz) GmbHG stellt der Abschluss eines GAV dar (vgl. GmbHG-GroßKomm. (2020), § 29, Rn. 227f.; NK-GmbHG (2020), Anhang zu § 13, Rn. 179ff.; Rowedder-GmbHG (2022), § 29, Rn. 136f.; wonach jeweils diese Verträge dem Komplex "Gewinnbeteiligungen Dritter" zugeordnet werden; auf HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 16ff., wird verwiesen). Derartige Verträge haben in der Praxis große Bedeutung (vgl. §§ 291ff. AktG). Sie enthalten die Verpflichtung der Gesellschaft, ihren ganzen Gewinn (EAV) oder evtl. nur einen Teil desselben (TGAV; dies ist jedoch selten, zumal steuerrechtlich gemäß § 14 KStG nicht wirksam) an ein anderes UN abzuführen. Hält dieses UN sämtliche Geschäftsanteile der abführenden GmbH, spricht man auch von einem "Organschaftsvertrag" (BHV). Bei einer solchen Konstruktion tritt rechtlich gesehen an die Stelle des Gewinnbezugsrechts aus § 29 GmbHG der vertragliche Anspruch auf Ergebnisabführung. Sind an dem TU noch Minderheitsgesellschafter beteiligt, deren Gewinnbezugsrechte für die Laufzeit des EAV suspendiert werden (vgl. zum individuellen Ausschluss von Ausschüttungsansprüchen HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 32), bedarf es eines Schutzes ihrer Interessen.
Rn. 30
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Aus letztgenanntem Grund ergibt sich die Frage nach der Zulässigkeit von EAV. Die heute h. M. geht von der grds. Zulässigkeit derartiger Verpflichtungen aus, macht jedoch zur Voraussetzung, dass die Gesellschafterversammlung der Gesellschaft, deren Gewinn abzuführen ist, dem GAV zustimmt (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.1988, II ZR 7/78, DB 1988, S. 2623 (2624), m. w. N.). Die Zustimmung muss mit satzungsändernder Mehrheit beschlossen werden. Die formellen und materiellen Voraussetzungen eines wirksamen Abschlusses von UN-Verträgen mit einer GmbH sind heftig diskutiert worden. Mit dem BGH-Urteil vom 26.09.1988 (II ZR 34/88, BGHZ 105, S. 206ff.) und dem BGH-Beschluß vom 30.01.1992 (II ZB 15/91, GmbHR 1992, S. 253ff.) sind indes die Voraussetzungen festgelegt worden. Danach reicht insbesondere die Zustimmung mit satzungsändernder Mehrheit der Gesellschafterversammlung (vgl. im Einzelnen Lutter/Hommelhoff (2023), Anhang zu § 13 GmbHG, Rn. 52ff.). Im Schrifttum dürften die Stimmen, die einen einstimmigen Beschluss für erforderlich halten, überwiegen (vgl. NK-GmbHG (2020), Anhang zu § 13, Rn. 138, m. w. N.). Der Beschluss bedarf der...