Rn. 2
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 232 AktG ergänzt die Vorschriften des § 229 Abs. 1 AktG wie auch des § 230 AktG über die Zulässigkeit einer vereinfachten Kap.-Herabsetzung und der Verwendung der aus ihr gewonnenen Beträge. § 232 AktG trägt hierbei dem Umstand Rechnung, dass sich die Durchführung einer Kap.-Herabsetzung in der Rückschau oftmals als nicht notwendig darstellt. Dies hat seine Ursache darin, dass der Kap.-Herabsetzung lediglich eine aufgrund der allg. kaufmännischen Bewertungsgrundsätze (vgl. hierzu im Ergebnis, insbesondere zum Prinzip der Bewertungsvorsicht und zum Imparitätsprinzip HdR-E, HGB § 252, Rn. 77ff., 81ff.) aufgestellte Prognose zugrunde liegt und sich häufig die in dieser Prognose zum Ausgleich für erwartete Verluste angenommenen Beträge als nicht identisch mit den hierzu wirklich notwendigen Beträgen herausstellen (vgl. so z. B. den Sachverhalt zum BGH-Urteil vom 05.10.1992, II ZR 172/91, BGHZ 119, S. 305 (307); MünchKomm. AktG (2021), § 232, Rn. 1).
Wurde die vereinfachte Kap.-Herabsetzung in einem größeren Umfang vorgenommen als im Nachhinein tatsächlich notwendig, so entsteht hierdurch ein Buchgewinn. Dieser könnte ohne die Regelung des § 232 AktG jederzeit in den Grenzen des § 233 AktG an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Folglich würde dann die Kap.-Herabsetzung letztendlich entgegen § 230 AktG, der die Ausschüttung der aus der Kap.-Herabsetzung gewonnenen Beträge an die Aktionäre verbietet, doch zu Zahlungen an Aktionäre führen und den Gläubigern ein Teil der durch das Garantiekap. bezweckten Sicherheit entzogen, ohne dass dies nötig gewesen wäre. Rückschauend betrachtet hätte demnach statt einer vereinfachten Kap.-Herabsetzung eine ordentliche Kap.-Herabsetzung durchgeführt werden müssen, bei der § 225 AktG für einen ausreichenden präventiven Gläubigerschutz gesorgt hätte. Da dem jedoch nicht so war, ordnet der dem Schutz der Gläubiger dienende § 232 AktG nachträglich ein Ausschüttungsverbot an, indem er bestimmt, dass überschüssige Beträge in die Kap.-Rücklage einzustellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.1992, BGHZ 119, S. 305 (322); KK-AktG (2021), § 232, Rn. 3; Hüffer-AktG (2021), § 232, Rn. 1; AktG-GroßKomm. (2012), § 232, Rn. 3; MünchKomm. AktG (2021), § 232, Rn. 1; BeckOK-AktG (2021), § 232, Rn. 1; ADS (1997), § 232 AktG, Rn. 2).
Durch die Einstellung in die Kap.-Rücklage wird sichergestellt, dass der durch die Kap.-Herabsetzung gewonnene Betrag weiterhin zur Sicherung der Gesellschaftsgläubiger dient, da er in Zukunft nur zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, eines Verlustvortrags oder zur Kap.-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden darf (vgl. § 150 Abs. 3f. AktG).