Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
1. Jahresabschluss
Rn. 28
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die GmbH zeichnet sich gegenüber einer AG, KGaA bzw. SE dadurch aus, dass das Recht der GmbH in einigen Teilen dispositiv ist. So kann die Rechtsstellung der Gesellschafter untereinander im Gesellschaftsvertrag abweichend von den gesetzlichen Vorschriften geregelt werden (vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG). Diese sog. Satzungsautonomie einer GmbH erlaubt, die internen Rechte und Pflichten jedes Gesellschafters weitgehend autonom festzulegen. Dies gilt gemäß § 318 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich auch für die Wahl des AP.
Rn. 29
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH kann daher eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Wahl des AP vorsehen (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 2). Diese Möglichkeit bestand für eine nach dem PublG prüfungspflichtige GmbH auch schon nach § 6 PublG 1969 (vgl. Biener (1973), S. 49). In früheren Entwürfen des Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) war diese Gestaltungsfreiheit nicht vorgesehen. Es wurde gefordert, dass der AP durch alle Gesellschafter gewählt werden sollte. Erst nach massiver Kritik (vgl. zur Kritik an Vorentwürfen des § 318 Abs. 1 mitunter Hommelhoff, WPg 1984, S. 629 (634); Driesen, GmbHR 1985, S. R 67) an jener Vorschrift wurde schließlich in § 318 Abs. 1 Satz 2 vorgesehen, dass die Bestellung auch durch den Gesellschaftsvertrag vom gesetzlichen Regelfall abweichend geregelt werden darf.
Rn. 30
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Nach dem derzeit gültigen Recht sind die gesetzlichen Regelungen zur Wahl des AP einer GmbH in zweierlei Hinsicht dispositiv: Zum einen ist das Wahlverfahren in der Gesellschafterversammlung den gesetzlichen Regelungen der §§ 46 bis 51 GmbHG nur dann unterworfen, wenn gesellschaftsrechtliche Regelungen im Gesellschaftsvertrag der GmbH fehlen (vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG). Zum anderen kann der Kreis der wahlberechtigten Personen durch den Gesellschaftsvertrag festgelegt werden (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 20). Das AktG kennt ein ähnliches Recht für Aktionäre nicht.
Rn. 31
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Mit § 318 Abs. 1 Satz 2 sind verschiedene Möglichkeiten zur Festlegung des zur Wahl des AP berechtigten Personenkreises bei einer GmbH vereinbar. Drei typische Möglichkeiten sind:
(1) |
Zulässig ist, dass z. B. ein Mehrheitsgesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung von der Wahl des AP ausgeschlossen ist. Die Minderheitsgesellschafter könnten dadurch einen Prüfer ihres Vertrauens wählen. Auf diese Weise kann einer möglichen Abhängigkeit des Prüfers vom geschäftsführenden Gesellschafter wirksam begegnet werden (vgl. Hommelhoff, WPg 1984, S. 629 (634)). Allerdings kann einem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht grds. das Recht abgesprochen werden, sich an der Wahl des AP zu beteiligen. Gegenstand der Pflichtprüfung ist nämlich nicht die Geschäftsführung des Gesellschafter-Geschäftsführers, sondern die Ordnungsmäßigkeit von Buchführung und JA. Da aber die Aufstellung des JA zu den gewöhnlichen Geschäftstätigkeiten eines Gesellschafter-Geschäftsführers gehört, ist er nicht grds., sondern lediglich mit seiner Zustimmung zur entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag von der Abstimmung über den AP ausgeschlossen (entgegen § 47 Abs. 4 GmbHG), da die Wahl des Prüfers nicht seine persönlichen Interessen berührt. Lediglich bei Sonderprüfungen, z. B. einer Geschäftsführungsprüfung, muss der Gesellschafter-Geschäftsführer von der Wahl des Sonderprüfers ausgeschlossen sein, da er sonst in eigener Sache mitstimmen würde (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 18.05.2022, 7 U 89/21, DB 2022, S. 2338; Kaspar, GWR 2022, S. 306 (306); sodann bereits Hommelhoff (1985), S. 407). Bei einem Ausschluss des Mehrheitsgesellschafters von der Wahl des AP werden seine Interessen zum einen dadurch gewahrt, dass er als Mehrheitsgesellschafter der Art des Wahlverfahrens zugestimmt haben muss, zum anderen kann er trotz fehlenden Stimmrechts an der Gesellschafterversammlung teilnehmen und sich zur Person des Prüfers äußern bzw. Gegenanträge stellen. Auch wenn einzelne Gesellschafter laut Satzung von der Wahl des AP ausgeschlossen sind, haben sie das Recht, sich zur Person des AP zu äußern, eigene Gegenanträge zu stellen sowie das Abstimmungsverfahren auf Einhaltung aller nach Gesetz und Satzung notwendigen Formalitäten zu überwachen. Das Recht auf Widerspruch gegen die Wahl eines bestimmten Prüfers sowie das Antragsrecht auf Ersetzung des Prüfers bei Gericht bleiben unberührt. Weiterhin hat der ausgeschlossene Gesellschafter die Möglichkeit, Widerspruch gegen den Gesellschafterbeschluss nach § 318 Abs. 3 einzulegen. |
(2) |
Zulässig ist auch, dass Gesellschafter-Geschäftsführern oder Geschäftsführern, die nicht Gesellschafter sind, durch den Gesellschaftsvertrag die alleinige Kompetenz zugestanden wird, den AP zu wählen und diesem den Prüfungsauftrag zu erteilen (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 125f.; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 20; EBJS (2024), § 318, Rn. ... |