Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
1. Unterscheidung in "normale Versorgungszusagen", "zugriffsfrei ausgelagerte Altersversorgungsverpflichtungen" und "wertpapiergebundene Versorgungszusagen"
Rn. 671
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Der Gesetzgeber hat sich i. R.d. BilMoG erstmalig intensiv mit der Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen befasst und dabei spezielle Übergangsvorschriften und Anhangangaben vorgesehen. Zudem hat er Spezialregeln für bestimmte Gestaltungen von Versorgungszusagen geschaffen. Es geht um Versorgungszusagen, bei denen VG "zugriffsfrei" zwecks Bedeckung der Altersversorgungsverpflichtungen ausgelagert wurden (vgl. § 246 Abs. 2 Satz 2) bzw. bei denen die Versorgungsleistungen an die Entwicklung von Wertpapieren gebunden wurden (sog. wertpapiergebundene Versorgungszusagen; vgl. § 253 Abs. 1 Satz 3).
Der Begriff der normalen Versorgungszusage wurde für Zwecke dieser Kommentierung geprägt, um diesen Zusagetyp von den "zugriffsfrei ausgelagerten" und wertpapiergebundenen Versorgungszusagen abzugrenzen.
Der Gesetzgeber spricht die Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen in der Form von normalen Versorgungszusagen speziell in § 253 Abs. 2 Satz 2 an, in dem er für die Bestimmung des Zinssatzes, mit dem die voraussichtlichen künftigen Versorgungszahlungen auf den BilSt abgezinst werden, den pauschalen Ansatz des zehnjährigen Durchschnittszinses für eine 15-jährige Restlaufzeit gestattet.
Rn. 672
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Bewertung der Altersversorgungsverpflichtungen richtet sich aber auch nach den allg. Vorschriften für Rückstellungen. Sie befinden sich in der Generalnorm des § 253 Abs. 1 Satz 2, der besagt, dass "Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages" anzusetzen sind.
Der Abs. 2 des § 253 behandelt detaillierter die Bewertung von Rückstellungen, indem er in Satz 1 die Abzinsung für Rückstellungen gebietet, deren Restlaufzeit mehr als ein Jahr beträgt. In S. 4f. des Abs. 2 schreibt er dann verbindlich den Abzinsungszinssatz vor, den die Deutsche Bundesbank monatlich fußend auf einer Rechts-VO bekannt gibt. Die Nr. 24f. des § 285 regeln die Anhangangaben für Altersversorgungsverpflichtungen. Schließlich eröffnet Art. 67 Abs. 1 EGHGB Wahlrechte beim Übergang auf das BilMoG und schreibt spezielle Anhangangaben in dessen Abs. 2 vor.
2. Bewertung "normaler Versorgungszusagen"
a) Pensionsrückstellung als Erfüllungsbetrag
Rn. 673
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Pensionsrückstellung ist der am jeweiligen BilSt maßgebliche Erfüllungsbetrag für die künftigen Versorgungszahlungen. Dies ergibt sich aus § 253 Abs. 1 Satz 2, der besagt, dass Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen sind.
Das Gebot der "vernünftigen kaufmännischen Beurteilung" bedingt, dass
(1) |
die künftigen Versorgungszahlungen realistisch zu bewerten sind und dass die Wahrscheinlichkeit ihres Anfalls berücksichtigt wird sowie |
(2) |
jene künftigen Versorgungszahlungen auf den BilSt nach Maßgabe des § 253 Abs. 2 abgezinst werden. |
b) Ermittlung der künftigen Versorgungszahlungen
aa) Gehalts- und Rententrends
Rn. 674
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Aufgrund des Gebots der "vernünftigen kaufmännischen Beurteilung" (§ 253 Abs. 1 Satz 2) müssen voraussichtliche künftige Anhebungen der Versorgung für Versorgungsanwartschaften und vermutliche künftige Erhöhungen laufender Rentenzahlungen realitätsnah abgeschätzt werden. Derartige Anhebungen können sich aus Lohn- und Gehaltssteigerungen ergeben, wenn die Versorgungsanwartschaft an diese Größen gebunden ist. Die laufenden Rentenzahlungen können der Anpassungsprüfungspflicht des § 16 Abs. 1f. BetrAVG unterliegen, wonach die gezahlten Renten alle drei Jahre auf die Möglichkeit einer Anhebung in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbraucherindexes oder der Nettolohnentwicklung anzupassen sind, wenn die wirtschaftliche Lage des UN dies zulässt.
Die Literatur geht einhellig davon aus, dass bei der Bewertung der Versorgungsverpflichtungen die voraussichtlichen künftigen Erhöhungen der Versorgungslasten bereits am BilSt durch Trendannahmen zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu Lucius BetrAV 2009, S. 520 (520); Höfer/Rhiel/Veit, DB 2009, S. 1605 (1607); Schu, BetrAV 2009, S. 190 (194); Thaut, WPg 2009, 723 (723); Herzig, BetrAV 2009, S. 289 (297); Hasenburg/Hausen, DB 2009, Beilage Nr. 5 zu Heft 23, S. 38 (38); Lüdenbach/Hoffmann, StuB 2009, S. 287 (287); Meier, BB 2009, S. 998 (999)).
Allerdings ist das Ausmaß der voraussichtlichen künftigen Anhebungen der Versorgungszahlungen nur dann bei der Bewertung der Versorgungsverpflichtungen zu beachten, wenn auch davon ausgegangen werden muss, dass diese Einflussgrößen greifen können. Sie sind aber nicht relevant, wenn z. B. Kap.-Zusagen auf einen festen Euro-Betrag lauten, denn dann kann sich weder eine künftige Gehaltssteigerung auf die Höhe der Versorgungsanwartschaft auswirken noch ist die Anpassungsprüfungspflicht aus § 16 Abs. 1f. BetrAVG einschlägig.
Rn. 675
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Trendannahmen werden häufig aus den Erfahrungen der Vergangenheit abgeleitet. Dabei ist es regelmäßig zweckmäßig, sie aus einem Mehrjahresdurchschnitt zu ermitteln. Es bietet sich an, bei der Durchschnittsbildung auf den Zehn- bzw. Siebenjahreszeitraum abzustellen, den der Gesetzgeber auch für di...