Rn. 14
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Unterschiedliche Inventurmethoden können durch drei grundlegende Determinanten charakterisiert werden: Zeitpunkt der Inventur, Aufnahmetechnik und Umfang der Erhebung (vgl. Hayn, BBK 1994, S. 321 (322ff.); Küting/Leinen, StuB 2000, S. 437).
Übersicht: Determinanten der Inventurmethoden
Rn. 15
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die Inventurvereinfachung liegt nicht zwangsläufig in einer methodischen oder technischen Vereinfachung, sondern entweder in einer "Entzerrung" der von einem UN durchzuführenden JA-Arbeiten zum Ende des GJ (z. B. permanente Inventur) oder in einer Reduzierung der aufzunehmenden Posten (z. B. Stichprobeninventur). "Beide Arten von Erleichterungen können u. U. auch kombiniert werden. Alle Erleichterungen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft" (Beck-HdR, A 220 (1998), Rn. 81).
Rn. 16
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die Kombination verschiedener Verfahren steht dem Kaufmann ebenso frei (vgl. Baumbach/Hopt (2022), § 241 HGB, Rn. 4; HGB-Komm. (2019), § 241, Rn. 5) wie der Wechsel der Verfahren am darauf folgenden Stichtag (vgl. MünchKomm. HGB (2020), § 241, Rn. 22; EBJS (2020), § 241 HGB, Rn. 25f.). Keine Anwendung finden in diesem Kontext die Vorschriften des § 284 Abs. 2 Nr. 2 (vgl. HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 106ff.), da diese sich ausschließlich auf Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden beziehen. Zu beachten ist jedoch, dass die organisatorischen Voraussetzungen innerhalb der inventarisierenden Unternehmung einen Methodenwechsel erlauben müssen (vgl. HdR-E, HGB § 241, Rn. 19), damit die GoI weiterhin beachtet werden können (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 241 HGB, Rn. 67f.).
Rn. 17
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Laut Störk/Lewe kommen neben der Stichtagsinventur des § 240 in der UN-Praxis deren vor- oder nachverlagerte Variante und die permanente Inventur am häufigsten zur Anwendung (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 241 HGB, Rn. 1). Zunehmend gewinnt auch die Stichprobeninventur an Bedeutung.
Rn. 18
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Grds. ist unter Beachtung der GoB und GoI zwischen der Richtigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Inventur abzuwägen. "Die vom Gesetzgeber genannten konkreten Bedingungen und die Generalforderung nach Beachtung der GoB bei Anwendung von Vereinfachungsverfahren bei Inventuren und bei der Bewertung machen deutlich, dass die Vereinfachungen nicht zu groben Verfälschungen des Abbildes führen dürfen, sondern dass lediglich geringe Ungenauigkeiten akzeptabel sind" (Baetge/Kirsch/Thiele (2021), S. 73).
Rn. 19
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Der zur Inventur verpflichtete Kaufmann ist nicht zur Anwendung eines Verfahrens für alle zu inventarisierenden VG und Schulden verpflichtet. Ohnehin ist dies technisch nicht umsetzbar. Organisatorisch trennbare Lager können ebenfalls mittels unterschiedlicher Verfahren erfasst werden. Eine stetige Anwendung desselben Verfahrens ist nicht erforderlich, da sich das Gebot der Bewertungsstetigkeit nicht auf die Inventurverfahren erstreckt (vgl. MünchKomm. HGB (2020), § 241, Rn. 22; Janssen, WPg 1978, S. 296 (296)). Grds. ist es somit dem Kaufmann gestattet, jährlich ein anderes Inventurverfahren anzuwenden, wobei die Entscheidung im Einzelfall abzuwägen ist, da bedingt durch die Verfahrensunterschiede organisatorischer Vorlauf und Umstellungsaufwand zu berücksichtigen sind (vgl. EBJS (2020), § 241 HGB, Rn. 26).
Rn. 20
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Ganz allg. kann gesagt werden, dass mit zunehmender "Vereinfachung" die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens und der Lagerbuchführung steigen. M.a.W.: Der Vorteil der zeitlichen Entzerrung oder Reduzierung des Aufnahmeumfangs kann nur durch Investition in Organisation und Kontrollen erreicht werden. Grundvoraussetzung aller Inventurvereinfachungsverfahren – auch solcher Praxisentwicklungen, die der Gesetzgeber nicht explizit in § 241 verankert hat – sind daher neben vorgenannten Anforderungen ihre Bestands- und Prozesszuverlässigkeit.
Rn. 21
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Scheitert die Einführung einer permanenten Inventur z. B. an einer nicht ausreichend ordnungsmäßigen Lagerbuchführung, kann mit Sicherheit festgestellt werden, dass auch die Anforderungen für eine Stichprobeninventur nicht erfüllt werden. Deswegen erfolgt nachfolgend die Kommentierung des § 241 in umgekehrter Reihenfolge der gesetzlichen Vorschriften.
Übersicht: Aufwandstendenz einzelner Inventurverfahren im Lagerbereich (modifiziert entnommen aus: AWV (2010), S. 14)