Prof. Dr. Eberhard Kalbfleisch, Prof. Dr. Sascha Mölls
Rn. 6
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Inhaltlich erstreckt sich die Vertragsprüfung nach allg. Auffassung – entsprechend der Rechtslage bei Verschmelzungsprüfungen – auf zwei Bereiche: die Vollständigkeit und Richtigkeit des UN-Vertrags (formeller Teil) sowie die Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung (materieller Teil), nicht dagegen auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit des UN-Vertrags (vgl. KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 16ff., 19; Hüffer-AktG (2022), § 293b, Rn. 4ff.; Humbeck, BB 1995, S. 1893 (1896); Bungert, DB 1995, S. 1384 (1390f.)).
Der Umfang der formellen Prüfung stößt dabei im Vergleich zu der Verschmelzungsprüfung auf gewisse Schwierigkeiten, da es an einem den Regelungen des § 5 UmwG entsprechenden gesetzlichen Katalog notwendiger Vertragsbestimmungen, an dem die Vollständigkeit und Richtigkeit des zu prüfenden Vertrags gemessen werden könnten, für UN-Verträge mangelt. Der formelle Teil muss sich daher bei der UN-Vertragsprüfung auf die Feststellungen beschränken, ob die Vertragsförmlichkeiten ("richtige" Vertragsparteien, Laufzeit und Kündigungsfristen, Formvorschriften etc.) eingehalten sind sowie die Regelungen über den Vertragsgegenstand dem gewählten Vertragstyp entsprechen und ob ggf. gesetzlich vorgeschriebene weitere zwingende Vertragsbestandteile (insbesondere Vereinbarungen über Ausgleich und Abfindung bei BHV und GAV i. S. d. §§ 304f. AktG) in dem zu prüfenden Vertrag enthalten sind. Darüber hinausgehende Untersuchungen oder gar eine Stellungnahme zur rechtlichen Wirksamkeit des geschlossenen UN-Vertrags kann dem Vertragsprüfer nicht abverlangt werden.
Rn. 7
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
In materieller Hinsicht kann sich die UN-Vertragsprüfung weitgehend an der Prüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses bei der Verschmelzungsprüfung orientieren. Dies ergibt sich nach hier vertretener Ansicht deutlich daraus, dass § 293e Abs. 1 Satz 3 AktG, in dem der Inhalt des Prüfungsberichts – und damit der Inhalt der materiellen Prüfung – geregelt ist, abgesehen vom Prüfungsgegenstand wortgleich gefasst ist mit der korrespondierenden Bestimmung des § 12 Abs. 2 UmwG für den Bericht über die Verschmelzungsprüfung. Danach ist zu prüfen (und darüber zu berichten),
(1) |
nach welchen Methoden Ausgleich und Abfindung ermittelt worden sind; |
(2) |
aus welchen Gründen die Anwendung dieser Methoden angemessen ist; |
(3) |
welcher Ausgleich oder welche Abfindung sich bei der Anwendung verschiedener Methoden, sofern mehrere angewandt worden sind, jeweils ergeben würde; zugleich ist darzulegen, welches Gewicht den verschiedenen Methoden bei der Bestimmung des vorgeschlagenen Ausgleichs oder der vorgeschlagenen Abfindung und der ihnen zugrunde liegenden Werte beigemessen worden ist und welche besonderen Schwierigkeiten bei der Bewertung der vertragschließenden UN aufgetreten sind. |
Die einschlägigen berufsrechtlichen Regelungen und Hinweise zur Verschmelzungsprüfung (vgl. z. B. IDW (2021), Rn. F 246ff.) können mithin auf die Prüfung der Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung angewendet werden. Insbesondere gilt auch bei der UN-Vertragsprüfung, dass diese nicht die Durchführung einer vollständigen UN-Bewertung der vertragschließenden Gesellschaften erfordert, sondern es ausreicht, die zugrunde liegenden Bewertungen und Bewertungsmethoden auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen (vgl. KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 17).
Rn. 8
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Angemessenheitsprüfung nimmt den zentralen Raum der UN-Vertragsprüfung ein, ist allerdings nur bei den – wenn auch praktisch bedeutsamsten – BHV und GAV (vgl. § 291 Abs. 1 AktG) erforderlich, da nur bei diesen Ausgleichs- und Abfindungsregelungen vorgeschrieben sind. Bei den anderen UN-Verträgen i. S. d. § 292 AktG entfällt dieser Teil der Prüfung. Da sich zudem gerade bei diesen auch der formelle Teil der UN-Vertragsprüfung (vgl. HdR-E, AktG, § 293b, Rn. 6) i. d. R. auf wenige Angaben beschränken wird, weil es an gesetzlich normierten, objektiv prüfbaren Vertragsinhalten fehlt, ist der Sinn der UN-Vertragsprüfung in diesen Fällen zu Recht in Zweifel gezogen worden (vgl. KonzernR (2019), § 293b AktG, Rn. 8; Hüffer-AktG (2022), § 293b, Rn. 6; Bungert, DB 1995, S. 1384 (1391)). Im Hinblick auf die geringe tatsächliche Verbreitung von anderen UN-Verträgen in der Praxis dürften indes die Schwierigkeiten der Vertragsprüfung nur selten virulent werden.