Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
1. Grundlagen
Rn. 130
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Der Ausweis von Verpflichtungen, die keinem gegenseitigen Austauschverhältnis zuordenbar sind, kann nicht mit dem Hinweis auf den Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte unterbleiben, da ihnen kein kompensierender Gegenleistungsanspruch gegenübersteht. Sie sind vielmehr zu passivieren, sobald und soweit sie rechtl. entstanden oder wirtschaftlich verursacht sind und sie sich damit am BilSt zu einer greifbaren Vermögensbelastung verdichtet haben.
Rn. 131
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Selbstständige Leistungspflichten aus Dauerschuldverhältnissen entstehen häufig nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern konkretisieren sich nach und nach während einer längeren Zeitspanne. Hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Verursachung ist wie folgt zu unterscheiden: Verpflichtungen, die von Jahr zu Jahr anwachsen, sind durch mehrperiodische Ansammlungsrückstellungen zu erfassen. Hierzu gehören etwa die sich mit fortschreitendem Abbau von Bodenschätzen erhöhenden Rekultivierungsverpflichtungen (vgl. näher hierzu HdR-E, HGB § 249, Rn. 138). Diese Form der Rückstellungsbildung entspricht im Grundsatz sowohl der der auf den BFH zurückgehenden Auslegung der wirtschaftlichen Verursachung i. S. e. wirtschaftlichen Verpflichtungsentstehung (vgl. hierzu Kessler, H. 2001, S. 1904ff.) als auch der mit ihr konkurrierenden Auslegung der wirtschaftlichen Verursachung i. S. d. Realisationsprinzips (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 143). Das gilt jedenfalls dann, wenn die künftigen Aufwendungen zur Erfüllung der ungewissen Verbindl. den Erträgen mehrerer GJ zurechenbar sind. Die beiden Verursachungskonzeptionen führen jedoch nur zufällig zu übereinstimmenden Rückstellungsbeträgen (vgl. etwa HdR-E, HGB § 249, Rn. 138).
Rn. 132
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
vorläufig frei
Rn. 133
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Eine andere Beurteilung ergibt sich bei solchen Verpflichtungen, die ausnahmslos an Handlungen des Kaufmanns oder an Ereignisse vor dem BilSt anknüpfen. Dazu gehören Entfernungs- und Abbruchverpflichtungen (vgl. näher hierzu HdR-E, HGB § 249, Rn. 136). Sie erfordern bei konsequenter Anwendung des an der zivilrechtl. Entstehungsstruktur orientierten Verursachungsverständnisses die Bildung einer Einmalrückstellung i. H. d. notwendigen Erfüllungsbetrags (vgl. Kessler, H. 1996a, S. 1434; Kessler 2007, S. 313). Rspr. und Praxis folgen dem jedoch nicht, sondern sehen auch für diese Verpflichtungen die ratierliche Bildung einer Rückstellung in jährlich gleichen Raten über den Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllungshandlungen vor. Für die StB hat der Gesetzgeber diese Verfahrensweise in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG festgeschrieben. Sie entspricht einer Auslegung der wirtschaftlichen Verursachung nach dem Realisationsprinzip. In Abgrenzung zu den Ansammlungsrückstellungen, die im Zeitablauf anwachsende Verpflichtungen erfassen, soll insoweit von Verteilungsrückstellungen gesprochen werden.
2. Anwendungsfälle
Rn. 134
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(1) |
Abfindungsverpflichtungen gegenüber AN: Für die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung an einzelne oder einen bestimmten Kreis von AN aus Anlass der (vorzeitigen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Zeitpunkt der Zusage i. H. d. notwendigen Erfüllungsbetrags eine Verbindl.-Rückstellung zu bilden. Dies gilt auch dann, wenn die rechtl. Entstehung des Abfindungsanspruchs von der Ausübung eines Optionsrechts des AN abhängt, der Arbeitgeber jedoch mit einer Inanspruchnahme rechnen muss. In diesem Fall wird die Leistungspflicht des Arbeitgebers bereits durch die Einräumung der Option wirtschaftlich verursacht, da er von diesem Zeitpunkt an ihr endgültiges Entstehen einseitig nicht mehr verhindern kann (vgl. Hoffmann/Lüdenbach 2014, § 249, Rn. 89; weitergehend wohl Bertram 2013, § 249, Rn. 194: Rückstellungspflicht für "konkret absehbare Abfindungszahlungen"; zu Rückstellungen bei Personalmaßnahmen allgemein vgl. Wenk/Jagosch 2009, S. 1715ff.). Verschiedentlich werden AN Abfindungen nach dem Grundsatz der doppelten Freiwilligkeit angeboten. AN, die freiwillig ihr Arbeitsverhältnis innerhalb einer vorgegebenen Frist kündigen, erhalten dann eine Abfindung, wenn das UN der Kündigung zustimmt. Ziel dieser Vereinbarung ist es, eine vorgegebene Zahl von Arbeitsplätzen einvernehmlich abzubauen. Rückstellungen kommen in diesem Fall nur unter dem Aspekt einer faktischen Verpflichtung in Betracht (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 152). |
Rn. 135
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
(2) |
Altersteilzeit: Das Altersteilzeitgesetz vom 23.07.1996 (AltTZG) eröffnet UN die Möglichkeit, mit AN für den Zeitraum nach Vollendung des 55. Lebensjahrs Altersteilzeitverhältnisse zu vereinbaren. Es sieht zwei alternative Modelle vor: Beim Gleichverteilungsmodell vereinbaren Arbeitgeber und AN eine (i. d. R. auf die Hälfte) reduzierte wöchentliche Arbeitszeit bis zum Eintritt in den Ruhestand. Das in der Praxis favorisierte Blockmodell sieht demgegenüber unterschiedliche Regelungen für zwei gleich lange Zeiträume des A... |