Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 17
Stand: EL 05 – ET: 03/2010
Rückstellungen sind Passivposten für Verluste, Verbindl. oder Aufwendungen, die ihrer Entstehung oder ihrer Höhe nach ungewiss sind und die der Periode ihrer Verursachung zugerechnet werden sollen. Sie dienen also dazu, spätere Ausgaben bilanziell vorweg zu berücksichtigen. Bei diesen handelt es sich nicht um zukünftige Verluste, sondern um bereits entstandene, bei denen lediglich die tatsächliche Realisierung noch aussteht. Es gibt keinen einheitlichen Rückstellungsbegriff, vielmehr bestehen je nach Zielsetzung, die mit der Bilanzierung verbunden wird, erhebliche Unterschiede. So kommen in der Betriebswirtschaftslehre die statische und die dynamische Bilanzauffassung zu abweichenden Definitionen. Nach der statischen Bilanzauffassung dienen Rückstellungen dazu, die bestehenden Verpflichtungen des Kaufmanns vollständig und richtig darzustellen. Als Rückstellungen sind nach dieser Auffassung alle Verbindl. auszuweisen, die gegenüber Dritten bestehen oder von deren Bestehen der Kaufmann bei vorsichtiger Bilanzierung ausgehen muss, die jedoch wegen der Ungewissheit hinsichtlich ihres Bestehens oder ihrer Höhe noch nicht so konkretisiert sind, dass sie als Verbindl. im eigentlichen Sinn bilanziert werden können. Maßgebend für die Rückstellungsbildung ist also der Schuldcharakter, was mit dem Begriff "Rückstellungen für ungewisse Verbindl." charakterisiert wird.
Rn. 18
Stand: EL 05 – ET: 03/2010
Im Gegensatz dazu stellt die dynamische Bilanzauffassung auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisermittlung und damit auf die zutreffende Periodenabgrenzung ab. Aufwendungen sind danach in der Periode zu berücksichtigen, der sie wirtschaftlich zuzurechnen sind; maßgebend ist also die Verursachung. Dieser Rückstellungsbegriff geht wesentlich weiter und umfasst auch die sog. Aufwandsrückstellungen, d. h. Rückstellungen für Ausgaben ohne Schuldcharakter, die erst in der Zukunft anfallen, aber in den vorhergehenden GJ verursacht wurden, z. B. für Großreparaturen oder Generalüberholungen. Hierunter fällt letztlich auch die Vorsorge für Schadensfälle, die erfahrungsgemäß über längere Sicht immer wieder eintreten, d. h. die sog. "Selbstversicherung". Man spricht hierbei auch von Verbindl. des Kaufmanns gegenüber sich selbst.
Rn. 19
Stand: EL 05 – ET: 03/2010
Der Rückstellungsbegriff des derzeitigen Rechts geht über die Rückstellungen für ungewisse Verbindl. hinaus und deckt im Weg der Aufzählung der Zwecke, für die Rückstellungen gebildet werden können, auch einzelne Aufwandsrückstellungen für konkrete zukünftige Aufwendungen ab. Zum steuerrechtl. Rückstellungsbegriff vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 25ff.