Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 17
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Nach § 5 Abs. 1 EStG ist von "Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen" – und das sind die Kaufleute, die § 252 zu beachten haben, in der StB das "Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist". Diesem Maßgeblichkeitsprinzip als allg. steuerrechtlicher Grundsatz gehen gemäß § 5 Abs. 6 EStG – sofern vorhanden – die speziellen steuerrechtlichen Vorschriften (vgl. §§ 6ff. EStG) vor (vgl. z. B. auch Beck Bil-Komm. (2020), § 243 HGB, Rn. 111f.). Soweit die speziellen steuerrechtlichen Vorschriften jedoch Tatbestände nicht regeln, die andererseits Gegenstand der GoB sind, behalten die GoB ihre Wirksamkeit auch für die Besteuerung (vgl. dazu auch BMF, Schreiben vom 12.03.2010, IV C 6 – S 2133/09/10001, BStBl. I 2010, S. 239ff.), und zwar für die Besteuerung mit Ertragsteuern (ESt bzw. KSt und GewSt). Zu beachten ist ferner, dass die in § 252 Abs. 2 angesprochenen "begründeten Ausnahmefälle" nicht eine Bewertung erlauben, die außerhalb der GoB i. S. d. § 243 Abs. 1 liegt (vgl. HdR-E, HGB § 252, Rn. 9ff., 22ff.); eine Bewertung nach § 252 Abs. 2 ist vielmehr als mit den GoB vereinbar anzusehen (vgl. Buchner, in: HWuR (1986), S. 38 (39)). Diese Bewertung ist folglich i. R.d. § 5 Abs. 1 EStG im Grundsatz auch für die Besteuerung maßgebend.
Rn. 18
Stand: EL 32 – ET: 06/2021
Bei der Abgrenzung der allg. Bewertungsgrundsätze ging der Gesetzgeber davon aus, dass sie mit dem Ziel der Steuerneutralität des BiRiLiG (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 2) vereinbar sind. Sie soll(t)en sogar der Sicherung der Steuerneutralität dienen (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 2). Die Steuerneutralität ist im Übrigen auch im Zuge der BilMoG- (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 41) ebenso wie der BilRUG-Bilanzrechtsreform (vgl. BT-Drs. 18/4050, S. 55) betont worden, wobei letztere den Wortlaut des § 252 ohnehin nicht berührte. Die Frage der steuerlichen Wirkung der allg. Bewertungsgrundsätze lässt sich allerdings nur durch eine Gegenüberstellung des Regelungsinhalts der einzelnen Grundsätze und der Regelungen des Steuerrechts beantworten (vgl. die Ausführungen zu den einzelnen Grundsätzen). Eine Auslegung der GoB und der Grundsätze des § 252 Abs. 1 unter Beachtung des Steuerrechts ist nicht (mehr) gestattet. Durch die Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG (a. F.)) im Zuge des BilMoG ist es zu einem stärkeren Auseinanderfallen von HB und StB gekommen (vgl. ähnlich Theile, DStR 2009, S. 2384ff.). Das gilt, obwohl der Gesetzgeber hierbei noch erklärte, am Konzept der Einheitsbilanz festhalten zu wollen (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 1, 32, 41, 99, 124). Der Rückgriff auf das Steuerrecht zur Auslegung des Handelsrechts ist generell nicht mehr zu rechtfertigen. Dies geschieht ganz i. S. d. vom Gesetzgeber beabsichtigten Stärkung der handelsrechtlichen Informationsfunktion. Die HB soll nicht mehr durch steuerliche Einflüsse verzerrt werden (vgl. dazu z. B. Herzig/Briesemeister, DB 2009, S. 1ff.; ähnlich auch Scheffler, StuB 2009, S. 45 (52)). Das BilRUG hat an dieser Stoßrichtung nichts (mehr) geändert. Auch auf europäischer Ebene (= Bilanz-R) kann diese Stärkung beobachtet werden (vgl. etwa Zülch/Güth/Stamm, DB 2012, S. 413 (415), die hier von einer "prädominanten Informationsfunktion i. S. des True and Fair View-Gebots" sprechen).