Rn. 9
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Die Zulässigkeit von Änderungen des festgestellten JA ist umstritten. Hierbei sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden. Bei Fehlen eines wirksamen Beschlussakts oder im Fall der Nichtigkeit des festgestellten JA liegt keine Änderung, sondern eine erstmalige (wirksame) Feststellung des JA vor. Diese ist (selbstverständlich) zulässig (vgl. unstrittig ADS (1997), § 172 AktG, Rn. 36; AktG-GroßKomm. (2006), § 175, Rn. 26; Hüffer-AktG (2020), § 172 AktG, Rn. 9). Für den Fall der Änderung vor Feststellung des JA ordnet § 316 Abs. 3 eine Nachtragsprüfung an.
Rn. 10
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Ist der JA wirksam festgestellt worden, so ist der Fall vor Einberufung der HV von dem nach Einberufung der HV zu unterscheiden. Während für den letzten Fall aufgrund der klaren Regelung in § 175 Abs. 4 AktG wohl Einigkeit besteht, dass eine Bindungswirkung dem Grunde nach existiert, ist die Folge dieser Bindungswirkung und die Bindung vor der Einberufung umstritten. Nach der h. M. soll, abgesehen von Willküränderungen, eine solche Änderungsmöglichkeit gegeben sein, soweit nicht bereits entstandene Aktionärsrechte oder Rechte Dritter betroffen sind (vgl. etwa ADS (1997), § 172 AktG, Rn. 47ff.; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 10; Ludewig, DB 1986, S. 133 (136)); demgegenüber wird von Baumbach/Hueck ((1968), § 172 AktG, Rn. 3) ebenso wie Brönner (AktG-GroßKomm. (2006), § 175 AktG, Rn. 24) die Auffassung vertreten, dass ein einmal festgestellter JA grds. nicht geändert werden kann. Nach Einberufung ergebe sich dies aus § 175 Abs. 4 AktG, vor Einberufung werde der festgestellte JA bereits durch die Feststellung wirksam (abgesehen vom Fall des § 173 Abs. 1 AktG), so dass nur durch die Anfechtung einzelner Stimmabgaben ein solcher Beschluss zu Fall gebracht werden könne.
Rn. 11
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
Anders als bei der Feststellung des JA einer GmbH durch die Gesellschafterversammlung liegt bei der AG ebenso wie KGaA und (dualistisch strukturierten) SE das Problem darin begründet, dass zwei Organe zusammenwirken und diese Bindungswirkung, wenn überhaupt, nur durch eine erneute Beschlussfassung oder Anfechtung einzelner Willenserklärungen ggf. aufgehoben werden kann. Bei einer erneuten Beschlussfassung bedeutet dies die Aufhebung der bisherigen Beschlussfassung, was insoweit problematisch erscheint, als bereits mit der Feststellung – unabhängig von der Veröffentlichung oder Bekanntgabe dieses Billigungsbeschlusses – Rechte der Aktionäre entstehen. Dieses Recht wiederum bezieht sich zwar lediglich auf die Herbeiführung eines rechtlich zulässigen Gewinnverwendungsbeschlusses; allerdings ist dieser maßgeblich aufgrund der Bindungswirkung der HV an den festgestellten JA von den inhaltlichen Bilanzierungsentscheidungen im festgestellten JA abhängig. Von daher dürfte regelmäßig die Änderung des festgestellten JA auch die Rechte der Aktionäre oder Dritter berühren, so dass eine Änderung auch nach h. M. i. d. R. ausscheidet. Jegliche Änderung bedarf auch hier einer Nachtragsprüfung gemäß § 316 Abs. 3, soweit Prüfungspflicht besteht.