Dr. Matthias Heiden, Dr. Christian F. Bosse
1. AG
Rn. 73
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Die Vorschrift ist grds. von allen AG unabhängig von ihrer Größe, Branche o. Ä. zu beachten (vgl. auch Bartone (2002), S. 41). Entsprechend verhält es sich für dualistisch (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. c) ii) der SE-VO) wie monistisch strukturierte SE (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 2 SEAG).
Rn. 74
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Für KGaA ist festzuhalten, dass eine explizite Aufnahme der neuen Vorschriften in den Vorschriftenkatalog des § 283 AktG versäumt wurde. Eine Übertragung auf den Pflichtenrahmen der Komplementäre einer KGaA kann somit qua lege lata nicht ohne Weiteres erfolgen. Mit Blick auf die dargestellte Entstehungsgeschichte der Norm ist dies jedoch als Versehen des Gesetzgebers zu interpretieren, zumal keine Anzeichen für einen intendierten Ausschluss der KGaA von einer solchen Verpflichtung vorliegen. Wäre eine Aufnahme der Vorschrift im § 93 AktG erfolgt, wäre diese Norm Teil derjenigen Normen zur Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit eines AG-Vorstands geworden, die nach § 283 Nr. 3 AktG auch für die persönlich haftenden Gesellschafter gelten. Warum dieses redaktionelle Versehen im TransPuG nicht korrigiert wurde, ist unklar. Die grds. Geltung der Vorschrift für KGaA kann nach hier vertretener Auffassung nicht angezweifelt werden (vgl. ebenso Kuhl/Nickel, DB 1999, S. 133). Darüber hinaus sieht § 283 Nr. 10f. AktG eine sinngemäße Geltung der Vorschriften zur Prüfung des JA und zur RL im Konzern vor. Somit finden auch die Vorschriften des § 315 Abs. 1 auf die KGaA Anwendung: Die inhaltlichen Anforderungen an einen Risikobericht wurden im erstmals nach dem 31.12.2000 anzuwendenden DRS 5 (derweil: DRS 20) konkretisiert. Gemäß DRS 20.135ff. ist dabei eine Beschreibung des Risikomanagements fester Bestandteil des Risikoberichts. Von den DRS ist laut § 342q Abs. 2 anzunehmen, dass sie zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Konzern-RL zählen. Eine Negierung einer gleichlautenden Vorschrift zur Risikofrüherkennung für die KGaA würde somit gleichsam zu einem Verstoß gegen Pflichten der externen Berichterstattung führen (vgl. zur Rolle des Risikofrüherkennungssystems als Informationsbasis des Risikoberichts auch Schulze (2001), S. 144).
Ein Blick auf die Reaktion (börsennotierter) KGaA verdeutlicht, dass trotz eines fehlenden expliziten Verweises auf § 91 Abs. 2 AktG für die KGaA entsprechende Systeme eingerichtet wurden (vgl. Lehner/Schmidt, BFuP 2000, S. 261ff.).
2. Nicht-AG
Rn. 75
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Die Tatsache, dass die neu zu schaffende Norm – unabhängig von ihrer endgültigen Platzierung im Gesetz – grds. auch Nicht-AG erfassen sollte, wird bereits durch einen Blick auf den ersten Entwurf der interministeriellen Arbeitsgruppe deutlich, der – wenn auch durch seine systematische Fehlstellung unter den bilanziellen Normen – alle KapG betroffen hätte (vgl. HdR-E, AktG § 91, Rn. 60).
Rn. 76
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Der Entwurf der interministeriellen Arbeitsgruppe fand Eingang in die anfänglichen Überlegungen der Koalitionsgruppe "Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich/Banken", die sich anschließend formiert hatte und deren Arbeit im RefE mündete. In den Sitzungen vom 28.03., 26.04. und 10.05.1996 wurde das Thema "Risikomanagement" behandelt. "Hauptdiskussionspunkt war – bei grds. Zustimmung zu dem Anliegen als solches – die Vermeidung weiterer Belastungen für die Unternehmen und die Nicht-Regelung für GmbH (aus diesem Grunde und weil man das GmbH Gesetz textuell schlank halten wollte)" (Seibert, in: FS Bezzenberger (2000), S. 427 (432)). Im KonTraG wurde letztendlich auf eine analoge Regelung im GmbHG oder GenG verzichtet. In der amtlichen RegB vom 27.04.1998 heißt es: "In das GmbHG soll keine entsprechende Regelung aufgenommen werden. Es ist davon auszugehen, dass für Gesellschaften mit beschränkter Haftung je nach ihrer Größe, Komplexität ihrer Struktur etc. nichts anderes gilt und die Neuregelung Ausstrahlungswirkung auf den Pflichtenrahmen der Geschäftsführer auch anderer Gesellschaftsformen hat" (BT-Drs. 13/9712, S. 15). Implizit wird seitens des Gesetzgebers somit unterstellt, dass die Konkretisierung der Leitungspflicht des AG-Vorstands auch vor Einführung dieser Norm zur allg. Geschäftsführungspflicht anderer Rechtsformen gezählt wurde (vgl. Gschrey, ZfgG 1998, S. 215 (216ff.); Seibert, in: FS Bezzenberger (2000), S. 427 (438)). So wird im Schrifttum unter Berufung auf die Zugehörigkeit zu den Sorgfaltspflichten eines GmbH-Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG bzw. § 34 Abs. 1 GenG für eG – vielfach ohne nähere Auseinandersetzung mit dem vorgenannten Hinweis des Gesetzgebers in seiner RegB – eine gleichlautende Verpflichtung zur Einrichtung entsprechender Organisationsmaßnahmen unterstellt (vgl. ADS (2001), § 91 AktG, Rn. 4; Altmeppen, ZGR 1999, S. 291 (301f.); Behre/Nöcker, BBK 2000, S. 1229; Bitz (2000), S. 3; Bockslaff, NVersZ 1999, S. 104 (109); Gerds, AgrB 2016, S. 38 (39); Hahn/Webe/Friedrich, BB 2000, S. 2620; Hopp (2001), S. 16; Keitsch (2000), S. 16f.; Klar, DB 1997,...