Rn. 68
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Sondervorschrift des § 29 Abs. 4 GmbHG entspricht § 58 Abs. 2a AktG (vgl. HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 22f.). Sie lässt zu, dass Beträge in andere Gewinnrücklagen eingestellt werden, die dem EK-Anteil von Wertaufholungen (Zuschreibungen gemäß § 253 Abs. 5 Satz 1) entsprechen. Gleiches galt nach § 29 Abs. 4 GmbHG (a. F.) für die Auflösung von Passivposten, die bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gebildet wurden und nicht im SoPo mit Rücklageanteil ausgewiesen werden durften. Besagte Möglichkeit wurde durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 29.05.2009 (BGBl. I 2009, S. 1102ff.) ersatzlos gestrichen. Rein steuerrechtlich begründete Ansätze oder Bewertungen, die handelsrechtlich keine Grundlage haben, sind seit Inkrafttreten des BilMoG in handelsrechtlichen Abschlüssen unzulässig. Die (redaktionelle) Anpassung von § 29 Abs. 4 Satz 1 GmbH erfolgte erst durch das BilRUG. Die Bestimmungen des § 29 Abs. 4 GmbHG (a. F.) haben daher lediglich für solche Passivposten noch Bedeutung, die vor Inkrafttreten des BilMoG gebildet wurden.
Rn. 69
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Rücklagenbildung nach § 29 Abs. 4 GmbHG wird an die Zustimmung "des Aufsichtsrats oder der Gesellschafter" gebunden. Damit wird klargestellt, dass das Recht, die entsprechenden Erträge in andere Gewinnrücklagen einzustellen, nicht den Geschäftsführern allein zustehen soll, was für eine GmbH – anders bei einer AG/KGaA/SE – auch systemfremd wäre.
Rn. 70
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Als "Zustimmungsorgan" nennt das Gesetz den AR oder die Gesellschafter. Ein AR kann nur zuständig sein, wenn er durch die Satzung angeordnet ist. Fraglich ist, ob die Vorschrift einem durch die Satzung angeordneten AR auch dann die hier in Rede stehende Kompetenz geben will, wenn dieser nach der Satzung keinerlei Mitwirkungsrechte bei der Bilanzauf- und -feststellung hat. Diese Frage wird man verneinen müssen, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Vorschrift so weitgehend in die von den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag geregelte Kompetenzverteilung eingreifen will. Der AR besitzt die entsprechende Kompetenz also nur dann, wenn er von der Satzung zur Mitwirkung bei der Bilanzfeststellung berufen ist (vgl. MünchKomm. GmbHG (2022), § 29, Rn. 243f., m. w. N..). Nach wiederum anderer Auffassung müssten bei einer Entscheidung nach § 29 Abs. 4 GmbHG immer die Gesellschafter entscheiden (vgl. Lutter/Hommelhoff (2023), § 29 Rn. 34).
Rn. 71
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Steht die Zustimmungskompetenz den Gesellschaftern zu, so erklären die Gesellschafter diese "Zustimmung" i. R.d. Beschlussfassung über die Feststellung des JA oder über die Gewinnverwendung. In diesem Fall ist die Vorschrift von Bedeutung, wenn das Vollausschüttungsgebot des § 29 Abs. 1 GmbHG 1980 fortgilt. Denn unter dieser Voraussetzung ersetzt § 29 Abs. 4 GmbHG eine ansonsten fehlende Ermächtigung eines Gesellschaftsorgans, die hier in Rede stehenden Erträge in andere Gewinnrücklagen einzustellen (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 66f.; zustimmend auch Lutter/Hommelhoff (2023), § 29 GmbHG, Rn. 35).
Rn. 72
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Gesellschafter können aber abweichende Regelungen in der Satzung treffen.
Rn. 73
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Vorschrift des § 29 Abs. 4 GmbHG ist umfassender als die Übergangsregelung des Art. 24 EGHGB. Art. 24 EGHGB enthält (nur) für denjenigen JA Regelungen, in dem erstmals nach neuem Recht bilanziert wird. Er betrifft die Fälle, in denen aus diesem Anlass stille Reserven aufzulösen sind. § 29 Abs. 4 GmbHG betrifft auch Erträge, die aufgrund der eingangs (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 68) genannten Sonderfälle in späteren GJ eintreten.
Rn. 74
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Ferner ist auf die Vermerkpflicht des § 29 Abs. 4 Satz 2 GmbHG hinzuweisen. Der Betrag der nach Abs. 4 gebildeten Rücklagen ist danach im JA stets anzugeben, sei es in Form eines gesonderten Ausweises in der Bilanz, sei es im Anhang (Wahlrecht). In der GuV sind die Veränderungen der Kap.- und Gewinnrücklage gemäß § 275 Abs. 4 nach dem Posten "Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag" auszuweisen (vgl. BeckOK-HGB (2024), § 275, Rn. 65ff.).