1. Grundsätzliche Aspekte
Rn. 55
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Als maßgeblicher Zeitpunkt der Berichterstattung ist bei Rechtsgeschäften ihre Vornahme anzusehen (vgl. ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 55; Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 17). Die spätere Entwicklung eines Rechtsgeschäfts ist unmaßgeblich; dies gilt auch für die Beurteilung durch den AP. Daher ist auch nur im GJ der (ersten) Vornahme zu berichten. Unter die Berichtspflicht fallen somit die im Berichtsjahr abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäfte. Für die Frage des Zeitpunkts der Berichterstattungspflicht ist es unerheblich, ob der Vorgang bereits eine Buchungs- oder Bilanzierungspflicht ausgelöst hat (vgl. ebenso ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 55).
Rn. 56
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In zeitlicher Hinsicht unterliegen Maßnahmen dann der Berichtspflicht, wenn die entsprechende geschäftliche Disposition, die Auswirkung auf die Lage der AG/KGaA/SE hat, getroffen ist; dies ist i. d. R. der Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung des zuständigen Gesellschaftsorgans (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 25). Eine Maßnahme ist dann unterlassen, wenn der Entschluss zu dem bewusst passiven Verhalten gefasst worden ist.
Rn. 57
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Die vom OLG Braunschweig (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 27.02.1996, 2 W 166/95, AG 1996, S. 271ff.) dem BGH vorgelegte Frage, ob der Vorstand bei fehlender Berichterstattung auch nach abgeschlossener RL und unanfechtbarer Feststellung des JA verpflichtet ist, den Abhängigkeitsbericht nach § 312 AktG nachzuholen, wurde vom BGH bejaht (vgl. BGH, Beschluß vom 17.03.1997, II ZB 3/96, DB 1997, S. 1121ff.). Damit bleibt auch nach Feststellung des JA die Androhung eines Zwangsgelds gegen die Mitglieder des Vorstands möglich, um die Erstellung eines Abhängigkeitsberichts nach § 312 AktG zu erzwingen (vgl. BGH, Beschluß vom 17.03.1997, II ZB 3/96, DB 1997, S. 1121ff.).
2. Einzelfragen und Ausnahmen
Rn. 58
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Im Abhängigkeitsbericht sind als berichtspflichtige Rechtsgeschäfte zunächst die Verpflichtungsgeschäfte anzusprechen, also solche, bei denen im Berichtsjahr die für das jeweilige Geschäft wesentlichen Elemente (wie z. B. Preis, Umfang sowie Zeitpunkt der Lieferung und Leistung) festgelegt sind. Demgegenüber ist über das Erfüllungsgeschäft, das als Konsequenz einer mit dem Verpflichtungsgeschäft eingegangenen rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeit vorgenommen wird, grds. nicht zu berichten (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 14; KK-AktG (2004), § 312, Rn. 63; MünchKomm. AktG (2020), § 312, Rn. 86f.). Sind jedoch in dem Grundgeschäft nicht sämtliche maßgeblichen Elemente der Leistungspflicht festgelegt (Rahmengeschäft), wird zutreffend dafür plädiert (vgl. ADS (1997), § 312 AktG, Rn. 58), über dieses Geschäft im Zeitpunkt des Abschlusses, aber auch immer dann zu berichten, wenn und soweit die Bedingungen für die einzelnen nachfolgenden Ausführungsgeschäfte festgelegt werden.
Rn. 59
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Eine Berichterstattung ist ferner auch immer dann geboten, wenn das ursprüngliche Verpflichtungsgeschäft bzw. der Rahmenvertrag in wesentlichen Bedingungen (z. B. den vorgenannten Elementen) geändert wird (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 312, Rn. 14).
Rn. 60
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Auch bei Sukzessivlieferungsverträgen oder dem Abschluss anderweitiger langfristiger Verträge ist für die Berichterstattung im Abhängigkeitsbericht entsprechend dem zuvor Gesagten auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts abzustellen. Allerdings bedürfen derartige Verträge besonderer Beachtung. So läge eine berichtspflichtige unterlassene Maßnahme z. B. dann vor, wenn es der Vorstand der abhängigen AG/KGaA/SE unterlassen hätte, bei ungünstiger Entwicklung dieser Geschäfte zu kündigen oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend zu machen (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 394).
Rn. 61
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Weil sich aus dem Gesetz die laufende Berichterstattung über Erfüllungsgeschäfte nicht zwingend ergibt, ist die Feststellung, ob eine ungünstige nachträgliche Entwicklung bei bestimmten Dauerverträgen eingetreten ist, für den AP sehr schwierig; das Entsprechende gilt auch für unterlassene Maßnahmen. Für den Abhängigkeitsbericht des Vorstands wird sich daher ggf. ein Hinweis empfehlen, dass sich früher vorgenommene Rechtsgeschäfte und Maßnahmen noch im Berichtsjahr auswirken werden (vgl. auch HFA 3/1991, WPg 1992, S. 91 (92)). Dies gilt auch bei der erstmaligen Aufstellung des Abhängigkeitsberichts bezüglich der Berichterstattung über früher abgeschlossene Verpflichtungsgeschäfte.
Rn. 62
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Fraglich ist, ob eine Berichterstattung über Erfüllungsgeschäfte ausnahmsweise erforderlich ist, wenn sich bei Vertragsschluss die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung – z. B. wegen einer sehr unsicheren Marktsituation oder Wirtschaftslage – noch nicht übersehen und beurteilen lässt. In diesem Fall ist darauf abzustellen, ob der Vorstand der abhängigen AG/KGaA/SE trotz der bestehenden wirtschaftlichen Risiken das Rechtsgeschäft als ordentlicher un...