Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Dirk Fey
I. Aufwendungen für Gründung und Eigenkapitalbeschaffung
Rn. 43
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Nach IAS 38.69(a) sind Gründungsaufwendungen (einschließlich etwaiger Ingangsetzungsaufwendungen) nicht aktivierbar. EK-Beschaffungskosten sind von dem aufgenommenen Kap. – mit dem um den ggf. anfallenden Steuervorteil gekürzten Betrag, wenn diese Aufwendungen steuerlich als abzugsfähig behandelt werden – zu kürzen, soweit es sich um zusätzliche direkt zurechenbare Kosten (wie Honorare für RA und WP sowie Bankprovisionen) handelt (vgl. IAS 32.35f.; IAS 32.37). Der Abzug hat gegen die Kap.-Rücklage zu erfolgen. Alle anderen Kosten sind aufwandswirksam zu erfassen.
II. Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen
Rn. 44
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die bilanzielle Behandlung von Versicherungsverträgen ist in IFRS 4 gegenwärtig grds. nur für Versicherungsgeber geregelt (vgl. IFRS 4.4f.). Wie etwa mit spezifischen Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Abschluss solcher Verträge umzugehen ist, wurde seitens des IASB bis dato bewusst offen gelassen (vgl. IFRS 4.BC115ff.). Da gleichzeitig das prinzipiell für die Schließung von Regelungslücken vorgesehene Prozedere (vgl. IAS 8.10ff.) gemäß IFRS 4.13 für nicht anwendbar erklärt wurde, besteht infolgedessen ein faktisches Wahlrecht, derartige Kosten entweder zu aktivieren respektive über die Vertragslaufzeit abzugrenzen oder unmittelbar aufwandswirksam zu erfassen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2016), § 248, Rn. 516ff.).
Rn. 45
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Mit dem verabschiedeten – besagten Interimstandard IFRS 4 künftig ersetzenden – IFRS 17, der seinerseits verpflichtend für GJ, die am oder nach dem 01.01.2023 beginnen, anzuwenden ist, wird auch dieser Themenbereich erstmalig adressiert und einer Lösung zugeführt. Danach sollen beim Abschluss von Versicherungsverträgen anfallende – direkt zurechenbare – Kosten grds. in die Erstbewertung eines sog. Vertragsportfolios einbezogen und insoweit erst über die Laufzeit aufwandswirksam erfasst werden (vgl. IFRS 17.28A ff.; Beck IFRS-HB (2020), § 40, Rn. 7f.; Bonner HGB-Komm. (2016), § 248, Rn. 519f.; Bonner-HdR (2017), § 248 HGB, Rn. 104).
III. Immaterielle Vermögenswerte des Anlagevermögens
Rn. 46
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
IAS 38 ist grds. für die Bilanzierung sämtlicher immaterieller Vermögenswerte anzuwenden, deren Bilanzierung nicht bereits in einem anderen Standard geregelt ist (vgl. IAS 38.2(a)). Zu diesen Standards gehören bspw. IAS 2, IFRS 15, IAS 12, aber auch IFRS 16, IAS 19, IFRS 9, IFRS 3, IFRS 4 sowie IFRS 5 (vgl. Pellens et al. (2021), S. 361f.; Coenenberg/Haller/Schultze (2021), S. 193). Darüber hinaus existiert für die bilanzielle Behandlung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erstellung einer eigenen Internetpräsenz SIC-32 ("Intangible Assets – Web Site Costs").
Rn. 46a
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
In IAS 38 wird ein immaterieller Vermögenswert als ein identifizierbarer, nicht-monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz definiert (vgl. IAS 38.8). Ein Vermögenswert ist identifizierbar, wenn er separierbar ist (d. h. er kann vom UN getrennt und somit separat verkauft, übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden) oder aus vertraglichen oder anderen gesetzlichen Rechten entsteht – unabhängig davon, ob diese Rechte getrennt vom UN oder von anderen Rechten und Verpflichtungen übertragbar oder separierbar sind (vgl. IAS 38.12). Falls sich ein Vermögenswert sowohl aus materiellen als auch immateriellen Komponenten zusammensetzt, ist die Zuordnung durch das UN nach eigenem Ermessen danach zu beurteilen, welcher Bestandteil der Wesentlichere ist (vgl. IAS 38.4). Die allg. Asset-Definition i. S. d. Rahmenkonzepts (RK) ist erfüllt, sofern die Kriterien "künftiger Nutzenzufluss" und "Verfügungsmacht über das immaterielle Gut" erfüllt sind (vgl. RK.4.3ff. (2018)). Unabhängig davon, ob der immaterielle Vermögenswert vom UN selbst erstellt oder erworben wurde, ist er mit seinen AK bzw. HK zu aktivieren, wenn er dem UN wahrscheinlich einen künftigen ökonomischen Nutzen verspricht und die AK bzw. HK verlässlich ermittelt werden können (vgl. IAS 38.21). Wie die AK bzw. HK konkret zu ermitteln sind, ergibt sich aus der jeweiligen Erwerbsart (separate Anschaffung, Einzelerwerb durch Tausch, Erwerb i. R.e. UN-Zusammenschlusses oder Herstellung).
Rn. 46b
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Hinsichtlich selbst erstellter immaterieller Vermögenswerte wird in IAS 38 danach differenziert, ob sie das Ergebnis von Forschungs- oder Entwicklungsbemühungen des UN sind (vgl. IAS 38.52ff.). Unter Forschung werden dabei die Anstrengungen des UN gefasst, neue wissenschaftliche oder technische Erkenntnisse zu gewinnen (vgl. IAS 38.8; IAS 38.56). Demgegenüber ist die der Forschung zeitlich nachgelagerte Entwicklungsphase darauf gerichtet, die Ergebnisse der Forschung bei der Entwicklung neuer oder wesentlich verbesserter Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen – vor der eigentlichen Produktion oder Nutzung – anzuwenden (vgl. IAS 38.8; IAS 38.59). Etwaige aus der Forschungsphase hervorgegangene immaterielle Vermögenswerte sind nach IAS 38.54 nicht zu aktivieren. Vielmehr gehören die Fo...