Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 342
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach § 285 Nr. 4 ist im Anhang anzugeben, die "Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten, soweit sich unter Berücksichtigung der Organisation des Verkaufs, der Vermietung oder Verpachtung von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft die Tätigkeitsbereiche und geografisch bestimmten Märkte untereinander erheblich unterscheiden". § 285 Nr. 4 setzt Art. 18 Abs. 1 lit. a) der Bilanz-R in nationales Recht um; daraus resultiert das Gebot einer R-konformen Auslegung und Rechtsfortbildung von § 285 Nr. 4. Die Angabepflicht besteht für große KapG und PersG i. S. v. § 264a sowie dem PublG unterliegende UN (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3–5, 5 Abs. 2 PublG). "Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Absatz 1) brauchen nicht [...] die Angaben nach [...] § 285 Nr. [...] 4 [...] zu machen" (§ 288 Abs. 1 Nr. 1). Gleiches gilt somit auch für kleine PersG i. S. v. § 264a, Kleinst-KapG und Kleinst-PersG i. S. v. § 264a (vgl. 267a Abs. 2). "Mittelgroße Kapitalgesellschaften (§ 267 Absatz 2) brauchen die Angabe nach § 285 Nr. 4 [...] nicht zu machen" (§ 288 Abs. 2 Satz 1). Dasselbe gilt für mittelgroße PersG i. S. d. § 264a. "Die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach § 285 Nr. 4 kann unterbleiben, soweit die Aufgliederung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Kapitalgesellschaft einen erheblichen Nachteil zuzufügen; die Anwendung der Ausnahmeregelung ist im Anhang anzugeben" (§ 286 Abs. 2). Eine entsprechende Angabepflicht besteht für den Konzernanhang nach § 314 Abs. 1 Nr. 3.
Rn. 343
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach dem Gesetz muss die Aufgliederung der UE nur dann angegeben werden, wenn sich unter Berücksichtigung der Organisation des Verkaufs, der Vermietung oder Verpachtung von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen
(1) |
die Tätigkeitsbereiche und |
(2) |
die geografisch bestimmten Märkte |
erheblich unterscheiden. Ist das nicht der Fall, ist die Aufgliederung im Anhang nicht anzugeben. Eine Fehlanzeige ist in diesen Fällen nicht gesetzlich vorgeschrieben, aber empfehlenswert; dadurch können (vermeidbare) Rückfragen i. R.d. Abschlussdurchsicht durch die WPK oder i. R.d. Enforcement der RL kap.-marktorientierter UN durch die BaFin vermieden werden.
Rn. 344
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach § 277 Abs. 1 sind als UE die "Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen". Die so definierten UE sind aufzugliedern, ganz gleich, ob sie aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung stammen oder Warenerlöse betreffen.
Rn. 345
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Aufgliederung selbst (nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten) wird man nach "sachlichen, im rechnunglegenden Unternehmen begründeten Kriterien" vornehmen müssen; insbesondere "sollen die gebildeten Umsatzsegmente in sich homogen und untereinander heterogen sein" (Selchert, BB 1986, S. 560 ((561f.); beide Zitate); zur Aufgliederung in der Praxis vgl. Reige, BB 1990, S. 664 (666f.); Ossadnik, BB 1993, S. 1763 (1764f.)).
Rn. 346
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Aufgliederung ist außerdem nach dem Prinzip der Methodenstetigkeit vorzunehmen, weil nur so die "Mehrjahresvergleichbarkeit der Segmentangaben zu erreichen" (Westphal, DB 1981, S. 1421 (1422)) ist; eine Änderung der Segmentzusammensetzung wäre dementsprechend zu erläutern (vgl. Westphal, DB 1981, S. 1421 (1422)). Die Stetigkeit wird aber dort ihre Grenze haben, wo sachliche Veränderungen (z. B. in den Marktverhältnissen) eintreten (vgl. Selchert, BB 1986, S. 560 (562); ADS (1995), § 285, Rn. 85).
Rn. 347
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Bei der Organisation des Verkaufs verlangt § 285 Nr. 4 nicht, dass sich die Unterschiede aus der Organisation ergeben müssen. Das Gesetz will die Organisation nur berücksichtigt wissen (vgl. Baumbach/Hopt (2021), § 285 HGB, Rn. 5). Berücksichtigt werden kann nur die vorhandene Organisation des Verkaufs für die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche und geografisch bestimmten Märkte. In aller Regel werden unterschiedliche Produktlinien unterschiedlichen Marktgesetzen unterliegen und unterschiedliche Vertriebswege und Organisationen erforderlich machen. Bei geografisch bestimmten Märkten wird man in der Verkaufsorganisation aus historischen, kulturellen und ökonomischen Gründen ebenfalls Unterschiede vorfinden. Das Gesetz geht wohl davon aus, dass sich eine Organisation den Marktanforderungen anpasst; sie wird also Unterschiede aufweisen, wenn unterschiedliche Marktanforderungen vorliegen. Diese Unterschiede sind mit zu berücksichtigen. Es heißt nämlich nicht "soweit sich die Tätigkeitsbereiche [...] erheblich unterscheiden", sondern "soweit sich unter Berücksichtigung der Organisation [...] die Tätigkeitsbereiche [...] erheblich untersch...