Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 137
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Mit der gerichtlichen Bestellung des AP verlieren die Gesellschaftsorgane jeden direkten Einfluss auf die Bestellung des AP. Das Gericht ist bei der Auswahl des AP nur an die §§ 319 und 319b sowie bei PIE (zusätzlich) an die Vorgaben der Art. 16f. der AP-VO gebunden, nicht aber an etwaige Vorschläge der Gesellschaftsorgane. In der Frage, ob das Gericht den JA-Prüfer, KA-Prüfer oder beide AP zu bestellen hat, muss das Gericht dem gestellten Antrag folgen. Jedoch gilt unter den o. g. Voraussetzungen (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 136) auch der gerichtlich bestellte JA-Prüfer als KA-Prüfer.
Rn. 138
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Sind sowohl JA als auch KA prüfungspflichtig, steht das Gericht vor der Frage, ob für beide Abschlüsse unterschiedliche AP bestellt werden oder JA und KA von demselben AP geprüft werden sollten. Sofern der Gesellschaftsvertrag nicht bestimmt, dass für beide Abschlüsse unterschiedliche AP zu bestellen sind, ist das Gericht in seiner Entscheidung grds. frei. Sofern allerdings keine sachlichen Gründe für die Verteilung der Prüfungsaufträge auf unterschiedliche Personen sprechen, sollte das Gericht in diesem Fall einen AP als Prüfer sowohl für den JA als auch KA bestellen, da diese Konstellation vom Gesetzgeber als Regelfall angesehen worden ist, wie sich aus § 318 Abs. 2 ergibt. Hiervon abweichend sollte das Gericht unterschiedliche AP bestellen, wenn durch die wahlberechtigten Organe ursprünglich unterschiedliche Personen als JA- und KA-Prüfer gewählt worden sind.
Rn. 139
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wie bei § 318 Abs. 3 ist auch in § 318 Abs. 4 die Erteilung des Prüfungsauftrags an den AP nicht ausdrücklich geregelt. Aufgrund des Wortlauts von § 318 Abs. 4 ("bestellen") ist davon auszugehen, dass in diesem Fall nicht die Gesellschaft, sondern das Gericht den Prüfungsauftrag erteilt. Die gerichtliche Entscheidung ersetzt also sowohl den Wahlbeschluss als auch die Erteilung des Prüfungsauftrags (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 420; BeckOGK-HGB (2024), § 318 HGB, Rn. 225). Die vollständige Bestellung des AP bedarf darüber hinaus noch der ausdrücklichen oder stillschweigenden Annahme des Prüfungsauftrags durch den vom Gericht ausgewählten Prüfer (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 422; MünchKomm. HGB (2024), § 318, Rn. 116; Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 192). Eine Pflicht zur Annahme des Prüfungsauftrags besteht für den Prüfer auch bei der Bestellung durch das Gericht nicht. Nach Annahme des Prüfungsauftrags ist die Rechtsstellung des AP grds. genauso, als ob er von der Gesellschaft gewählt und beauftragt worden wäre (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 192). Eine Ausnahme gilt nur gemäß § 318 Abs. 5 für den Anspruch des gerichtlich bestellten AP auf Auslagenersatz und Vergütung (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 141f.).