Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 228
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die begriffliche Abgrenzung für Zugänge als "mengenmäßige Ausweitung" und Abgänge als "mengenmäßige Verminderung" reicht für immaterielle VG nicht aus. Von einer körperlichen Zunahme oder Abnahme kann bei diesen VG, zu denen gemäß § 266 Abs. 2 "selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte", "entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte" und der derivative GoF (gemäß § 246 Abs. 1 Satz 4) sowie der Verschmelzungsmehrwert (gemäß des mittlerweile aufgehobenen § 348 Abs. 2 AktG bzw. § 27 Abs. 2 Satz 1 KapErhG; vgl. jeweils auch HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 232ff.) zählen, regelmäßig nicht die Rede sein. Ähnliches gilt für Anzahlungen auf immaterielle VG (vgl. zu Anzahlungen auf Sachanlagen HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 253ff.). Daher muss mit Blick auf die hiermit verbundenen Spalten der Zu- und Abgänge von entsprechenden zeitlichen Fiktionen ausgegangen werden. Diese ergeben sich i. d. R. aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Die Wertansätze der Zu- und Abgänge sind an den vollen (historischen) AHK zu orientieren. Hinsichtlich der übrigen Ausweiskategorien bestehen bei immateriellen VG keine grds. Besonderheiten. Die Mehrzahl der zugehörigen Posten ist planmäßig über die (besonders) vorsichtig geschätzte ND abzuschreiben. Da ggf. auch außerplanmäßige Abschreibungen geboten sein können, sind Zuschreibungen grds. – mit Ausnahme des derivativen GoF (vgl. § 253 Abs. 5 Satz 2) – möglich.
Rn. 229
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Bei Wahlrechtsausübung erfolgt die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller VG im Zeitpunkt des Anfalls von Entwicklungskosten, soweit künftig ein VG entsteht. Daher ist eine Aktivierung nicht erst dann vorzunehmen, wenn ein selbst geschaffener immaterieller VG des AV vorliegt, sondern bereits in der Entwicklungsphase. Die VG-Kriterien müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt werden, d. h. es muss ein immaterieller VG zur Entstehung gelangen, der künftig einzeln verwertbar ist. Erforderlich ist eine einzelfallbezogene Zukunftsprognose für jedes individuelle Aktivierungsvorhaben. Dabei dürfen die Objektivierungskriterien des IAS 38.57 herangezogen werden, die aber keine generelle Ausstrahlungswirkung entfalten können (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 241; zur Abgrenzung von Forschungsaufwendungen HdR-E, HGB § 255, Rn. 389ff.).
Die Zugangsfiktion für entgeltlich erworbene immaterielle VG kann darin bestehen, dass sich der Zeitpunkt des Zugangs "nach der Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt, d. h. der Auswertungsmöglichkeit" (Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 243) bestimmt. Der so determinierte Zugangszeitpunkt ist nicht generell der Zeitpunkt des Rechnungseingangs, sondern der Tag, ab dem die Ausweitungsbefugnis rechtlich oder wirtschaftlich wirksam wird. Dieser Zeitpunkt muss bei bestimmten entgeltlich erworbenen immateriellen VG nach den für körperliche VG geltenden wirtschaftlichen Grundsätzen – hier ist der Zeitpunkt der Übergabe des körperlichen Gegenstands maßgebend – bestimmt werden. Dies gilt bspw. für Tonträger, die als mit körperlichen Sachen verbundene immaterielle VG anzusehen sind, oder für Nießbrauch, der nur zusammen mit körperlichen VG genutzt werden kann. Bei anders gearteten immateriellen VG ist die Bestimmung des Zugangszeitpunkts ungleich schwieriger. Hier sollte – wie bei Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten – auf den Zeitpunkt der rechtlichen Übereignung der wirtschaftlichen Auswertungsmöglichkeiten abgestellt werden (vgl. HdR-E, Kap. 6, Rn. 14ff.). I.d.R. ist dieser Zeitpunkt vertraglich fixiert.
Rn. 230
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Ein Abgang kann bei immateriellen VG aufgrund einer Veräußerung erfolgen. Andere Abgangsursachen stehen regelmäßig in enger Verbindung zu den Gründen, die eine außerplanmäßige Voll- bzw. Buchwertabschreibung der jeweiligen VG notwendig machen. Derartige Anlässe können rechtliche Dispositionen (z. B. vorzeitige Aufhebung des Rechts) oder faktische Ereignisse sein, durch die ein VG wirtschaftlich wertlos wird. Der zuletzt genannte Fall ist bspw. dann gegeben, wenn ein entgeltlich erworbenes Patent vor Ablauf des Patentschutzes aufgrund neuerer Entwicklungen im Konkurrenzumfeld wirtschaftlich nicht mehr verwertbar ist (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 251). Die Abgangsursache der Wertlosigkeit immaterieller VG ist auch bei sog. Werterschöpfung gegeben. Dies liegt bei zeitlich befristeten Rechten (spätestens) dann vor, wenn die entsprechende Frist abläuft. Bei unbefristeten immateriellen VG fällt die Werterschöpfung meist mit dem Ende der planmäßigen Nutzung zusammen.
Rn. 231
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Sofern immaterielle VG nicht veräußert werden, sollte grds. mit folgender Abgangsfiktion gearbeitet werden: Immaterielle VG verlassen das AV bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise in der Periode, in der
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eine Voll- bzw. eine RBW-Abschreibung vorgenommen werden muss bzw. |
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die letzte planmäßige Abschreibu... |