1. Überblick (Verhältnis zu §§ 19 Abs. 2, 15b InsO)
Rn. 45
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Für den Fall einer gänzlichen Aufzehrung des EK einer GmbH ordnet § 268 Abs. 3 an:
"Ist das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht und ergibt sich ein Überschuß der Passivposten über die Aktivposten, so ist dieser Betrag am Schluss der Bilanz auf der Aktivseite gesondert unter der Bezeichnung ‚Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag’ auszuweisen."
EK im hier verwendeten Sinne ist die Summe aus gezeichnetem Kap., (offenen) Rücklagen und Gewinn-/Verlustvortrag, wie sie als erster Posten ("oben rechts") auf der Passivseite auszuweisen ist, soweit diese Summe "positiv" ist. Ein Fehlbetrag liegt vor, wenn die Summe dieser Posten zu einem "negativen" Betrag führt. Gemeint ist ein "Fehlbetrag", der auf der Grundlage der Buchwerte ermittelt wird, wie sie sich nach den Bewertungsvorschriften für die "laufende" Jahresbilanz ergeben. Zu diesen Bewertungsvorschriften gehört das AK-Prinzip (vgl. §§ 253 und 255), das den Ansatz höherer Zeitwerte verbietet. Dazu zählt auch das Going Concern-Prinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 2, wonach für die Bewertung "von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen [ist, d.Verf.], sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen". Dieser Grundsatz erfordert den Ansatz von "Zerschlagungswerten", wenn mit einer Fortführung nicht zu rechnen ist (vgl. BeckOK-HGB (2024), § 252, Rn. 5ff.; Merkt, in: FS Henssler (2023), S. 1001 (1102 ff.)).
Rn. 46
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Vorstehenden Ausführungen zeigen, dass der Ausweis eines Fehlbetrags nach § 268 Abs. 3 nicht mit einer Überschuldung i. S. d. § 19 Abs. 2 InsO und damit der Insolvenzreife gleichzusetzen ist. Wohl aber zwingt der beabsichtigte Ausweis eines Fehlbetrags die Geschäftsführung zur Prüfung, ob eine Überschuldung i. S. d. § 19 Abs. 2 i. V. m. § 15b InsO vorliegt. Das Ergebnis dieser Untersuchung muss die Geschäftsführung im Lagebericht (vgl. § 289) darstellen.
Im Übrigen dürfen an die Gesellschafter gemäß § 30 GmbHG keine Auszahlungen geleistet werden, solange ein Fehlbetrag ausgewiesen wird.
2. Ausweis eines Fehlbetrags
Rn. 47
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Fraglich ist, ob es ausreicht, den "Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag" auf der Aktivseite der Bilanz auszuweisen, ohne die Entwicklung dieses Postens aus den Beträgen des gezeichneten Kap., der Rücklagen, des Gewinn-/Verlustvortrags und des Jahresüberschusses/-fehlbetrags in der Bilanz darzustellen. Die Frage ist zu verneinen, denn § 268 Abs. 3 verlangt zwar den Ausweis eines aktivischen Fehlbetrags. Er entbindet aber nicht von der Verpflichtung, die Posten des EK auf der Passivseite auszuweisen. In diesem Fall sind die Komponenten des EK in einer Vorspalte zu zeigen (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 196).