Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
1. Bestellung eines neuen Prüfers
Rn. 112
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Gibt das Gericht dem Antrag der Ersetzung verlangenden Partei statt, muss es gleichzeitig einen neuen AP auswählen. Das Gericht muss bei der Auswahl des AP die besonderen Verhältnisse der prüfungspflichtigen Gesellschaft beachten. An Vorschläge des Antragsstellers ist das Gericht nicht gebunden. Zu beachten sind vom Gericht indes die Vorgaben der §§ 319, 319b sowie der AP-VO. Zudem kann das Gericht an satzungsmäßige Qualifikationserfordernisse gebunden sein (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 92).
Rn. 113
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Prüfungsvertrag kommt bei der gerichtlichen Bestellung des AP durch die gerichtliche Entscheidung und die Annahme des Prüfungsauftrags durch den Prüfer zustande. Eine Erteilung des Prüfungsauftrags durch die gesetzlichen Vertreter der prüfungspflichtigen Gesellschaft ist nicht notwendig. Den Anspruch auf Ersatz der Auslagen und Gebühren kann der Prüfer durch das Gericht festsetzen lassen.
Rn. 114
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Richtet sich das Ersetzungsverfahren gegen mehrere Prüfer, die aufgrund des Wahlbeschlusses gemeinsam prüfen sollen, muss das Gericht beide AP abberufen. Grds. sind in diesem Fall auch mehrere Prüfer neu zu bestellen, da sich die HV bzw. Gesellschafterversammlung bewusst für eine AP durch mehrere Personen entschieden und das Gericht diesen Willen zu beachten hat. Nicht zulässig ist indes grds. eine Ausweitung der Zahl der Prüfer in der Form, dass das Gericht für einen abberufenen mehrere neue Prüfer bestellt (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 208). Liegen die Gründe für die Ersetzung nur bei einem AP vor, können der weitere bzw. die weiteren Prüfer als AP neu eingesetzt werden (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 91).
Rn. 115
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ist mit dem Antrag auf Ersetzung des Prüfers des JA auch der Ersetzungsantrag für den KA-Prüfer verbunden, ist davon auszugehen, dass der vom Gericht ausgewählte Prüfer des JA gemäß § 318 Abs. 2 Satz 1 auch KA-Prüfer sein soll, sofern die gerichtliche Entscheidung nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht.
Rn. 116
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Wurde dagegen im Falle der durch separate Prüfer vorgesehenen Prüfung des JA bzw. KA für den JA-Prüfer und/oder den KA-Prüfer Ersetzung beantragt, muss das Gericht über die Bestellung des Prüfers des JA und KA entscheiden. In diesem Falle sollte das Gericht einen JA-Prüfer und/oder KA-Prüfer bestellen, da die HV einer AG, KGaA bzw. SE respektive der wahlberechtigte Personenkreis einer GmbH ausdrücklich vorsah, dass die Prüfung von verschiedenen JA- und KA-Prüfern ausgeführt wird.
Rn. 117
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
In den Fällen, in denen ein Ersatz-AP gewählt worden ist, stellt sich die Frage, ob das Gericht sich bei der gerichtlichen Bestellung eines neuen Erst-AP der ursprünglichen Ersatzwahl der HV anschließen muss (vgl. Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 93; Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 156). Diese Frage ist grds. zu bejahen, da das UN mit der Wahl eines Ersatz-AP gerade eine vorausschauende Vorsichtsmaßnahme getroffen hat und das Gericht insoweit den Interessen des UN folgen sollte. Allerdings findet die Bindung des Gerichts an den bereits gewählten Ersatz-AP dort ihre Grenze, wo sich zeigt, dass der Ersatz-AP als AP nicht geeignet ist. In diesem Fall ist das Gericht nicht an den Ersatz-AP gebunden.
2. Kostenentscheidung
Rn. 118
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Über die Frage, wer die Kosten des Verfahrens tragen muss, entscheidet das Gericht gemäß § 81 Abs. 1 FamFG nach Billigkeit. Die Kosten werden dabei grds. den unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen sein, also bei stattgegebener Entscheidung der prüfungspflichtigen Gesellschaft, bei Zurückweisung des Antrags der widersprechenden Partei (vgl. Mellerowicz/Brönner (1970), § 163 AktG, Rn. 22; ADS (2000), § 318, Rn. 384; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 95). Zu berücksichtigen ist dabei indes, in wessen Interesse das Verfahren notwendig war. So kann auch bei ablehnender Entscheidung des Gerichts in Abhängigkeit des Sachverhalts die Überprüfung im Interesse des UN sein. In diesem Fall hat das UN die Kosten zu tragen (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 157; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 95). I.d.R. können nur die Aktionäre und Gesellschafter, soweit sie keine geschäftsführenden Gesellschafter sind, persönlich zur Zahlung der Gerichtskosten herangezogen werden. Vorstand (geschäftsführende Direktoren), AR/Verwaltungsrat sowie geschäftsführende Gesellschafter handeln nämlich als gesetzliche Vertreter grds. für die Gesellschaft. Für die durch ihre Entscheidungen entstehenden Kosten muss daher die Gesellschaft aufkommen. Wenngleich das Gericht entscheidet, dass der Ersetzungsantrag nicht im Interesse der Gesellschaft lag, muss die Gesellschaft für die Kosten aufkommen, da ein Antrag in der in § 318 Abs. 3 beschriebenen Form zu den Aufgaben der gesetzlichen Vertreter der prüfungspflichtigen Gesellschaft gehört (vgl. so auch Mellerowicz/Brönner (1970), § 163 AktG, Rn. 22; Staub: HGB (2023), § 318, Rn. 95).