Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 542
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
In den Anhang ist "jeweils eine Erläuterung des Zeitraums, über den ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird" (§ 285 Nr. 13), aufzunehmen. § 285 Nr. 13 setzt Art. 12 Abs. 11 Unterabs. 2 Satz 3 der Bilanz-R in nationales Recht um; daraus resultiert das Gebot einer R-konformen Auslegung und Rechtsfortbildung von § 285 Nr. 13. Die Angabepflicht besteht für alle KapG und PersG i. S. v. § 264a, dem PublG unterliegende UN (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3–5, 5 Abs. 2 PublG), Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (vgl. § 340a Abs. 1) sowie Versicherungs-UN (vgl. § 341a Abs. 1); größenabhängige Befreiungen bestehen nicht.
Rn. 543
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Gemäß § 246 Abs. 1 Satz 4 stellt ein entgeltlich erworbener GoF einen zeitlich begrenzt nutzbaren VG dar, der gemäß § 253 Abs. 3 über die zum Zeitpunkt des Erwerbs zu bestimmende individuelle betriebliche ND planmäßig abzuschreiben ist. Sofern in Ausnahmefällen die voraussichtliche ND eines entgeltlich erworbenen GoF nicht verlässlich geschätzt werden kann, sind für diesen planmäßige Abschreibungen über einen (typisierten) Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen (vgl. § 253 Abs. 3 Satz 4).
Rn. 544
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Angabepflicht, die mit dem BilRUG in das HGB eingeführt wurde, erfasst auch (historische) GoF, die in GJ entstanden sind, die vor dem 01.01.2016 begannen (vgl. ebenso Philipps (2018), S. 119; BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 38; Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 23 (31); IDW RS HFA 28 (2010), Rn. 33).
Rn. 545
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Der Gesetzeswortlaut lässt offen, ob die Angabepflicht auch noch besteht, wenn der entgeltlich erworbene GoF bereits vollständig planmäßig oder außerplanmäßig abgeschrieben ist und im Abschluss ggf. nur noch im Anlagespiegel gemäß § 284 Abs. 3 erfasst wird (vgl. für eine Abgangsfiktion des GoF HdR-E, HGB §§ 284–288 HGB, Rn. 233). In diesen Fällen kann nach hier vertretener Ansicht auf die Angabepflicht verzichtet werden, da der GoF bis zu seinem Abgang keinen Einfluss mehr auf die Bilanzierung hat, mithin für die Adressaten nicht (mehr) entscheidungsrelevant ist.
Rn. 546
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Bei Vorhandensein mehrerer GoF sind die Angaben grds. gesondert für jeden entgeltlich erworbenen GoF zu machen (vgl. so auch Philipps (2018), S. 116; Theile (2015), S. 149). Zusammenfassungen sind nur unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit oder bei Vorliegen identischer ND sowie Begründungen hierfür zulässig (vgl. zu letzterem Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 443; PwC-BilMoG (2009), Abschn. O, Rn. 62).
Rn. 547
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Als Abschreibungszeitraum ist grds. die voraussichtliche ND i. S. v. § 253 Abs. 3 des entgeltlich erworbenen GoF heranzuziehen. Kann diese i. S. v. § 253 Abs. 3 Satz 3 in Ausnahmefällen nicht verlässlich geschätzt werden, ist fraglich, ob die Angabepflicht mit einem entsprechenden Hinweis auf diesen Umstand erfüllt ist. Nach hier vertretener Ansicht ist in diesen Fällen eine Begründung, warum die tatsächliche ND nicht verlässlich geschätzt werden kann, erforderlich, da der Gesetzgeber eine Erläuterung und nicht nur die bloße Angabe des Abschreibungszeitraums fordert (vgl. i. d. S. Philipps (2018), S. 115f.; BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 37; so wohl auch Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 23 (31)).
Rn. 548
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG (als "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts eines Gewerbebetriebs [...] gilt ein Zeitraum von 15 Jahren") kann nicht als Begründung für die planmäßige handelsrechtliche Abschreibung angeführt werden, weil sie typisiert ist und mit der tatsächlichen ND nichts zu tun hat (vgl. Philipps (2018), S. 118f.; NWB HGB-Komm. (2021), § 285, Rn. 105; Wagner/Schomaker, DB 1987, S. 1365). Beträgt die ND indes tatsächlich 15 Jahre, so ist sie begründet (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 70; Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 442). Als Anhaltspunkte für die Schätzung der individuellen betrieblichen ND nennt die RegB zum BilMoG (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 48; zu weiteren Anhaltspunkten auch DRS 23.121):
(1) |
Art und voraussichtliche Bestandsdauer des erworbenen UN; |
(2) |
Stabilität und Bestandsdauer der Branche; |
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Lebenszyklus der Produkte; |
(4) |
Auswirkungen der Veränderungen der Absatz- und Beschaffungsmärkte sowie der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf das erworbene UN; |
(5) |
Umfang der Erhaltungsaufwendungen, die erforderlich sind, um den erwarteten ökonomischen Nutzen des erworbenen UN zu realisieren; |
(6) |
Laufzeit wichtiger Absatz- und Beschaffungsverträge; |
(7) |
voraussichtliche Tätigkeit von wichtigen Mitarbeitern oder Mitarbeitergruppen; |
(8) |
das erwartete Verhalten potenzieller Wettbewerber; |
(9) |
voraussichtliche Dauer der Beherrschung des erworbenen UN. |