Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 549
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach § 285 Nr. 14 sind im Anhang anzugeben "Name und Sitz des Mutterunternehmens der Kapitalgesellschaft, das den Konzernabschluss für den größten Kreis von Unternehmen aufstellt, sowie der Ort, wo der von diesem Mutterunternehmen aufgestellte Konzernabschluss erhältlich ist". Die im nationalen Recht umgesetzte Aufspaltung und Ergänzung von § 285 Nr. 14 um § 285 Nr. 14a durch das BilRUG beruht auf der Ausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts in Art. 16 Abs. 2 i. V. m. Art. 17 Abs. 1 lit. l) der Bilanz-R; daraus resultiert das Gebot einer R-konformen Auslegung und Rechtsfortbildung von § 285 Nr. 14.
Die Angabepflicht besteht für sämtliche KapG und PersG i. S. v. § 264a, Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (vgl. § 340a Abs. 1) sowie Versicherungs-UN (vgl. § 341a Abs. 1). Kleine KapG sind von dieser Angabepflicht befreit (vgl. 288 Abs. 1 Nr. 1). Dasselbe gilt für kleine PersG i. S. v. § 264a sowie Kleinst-KapG (vgl. § 267a Abs. 2) und Kleinst-PersG i. S. d. § 264a. Die Angabepflicht besteht auch für UN, die einen IFRS-EA nach Maßgabe von § 325 Abs. 2a offenlegen.
Rn. 550
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Der Begriff des MU ist in den §§ 290ff. sowie in § 11 PublG legal definiert. Nach § 290 ist MU ein UN, das ein anderes (Tochter-)UN unmittelbar oder mittelbar beherrschen kann (= Konzept der Beherrschungsmöglichkeit). Das Konzept der Beherrschungsmöglichkeit wird durch DRS 19.16ff. konkretisiert. § 290 regelt in Abs. 1 eine Generalnorm, die in Abs. 2 kasuistisch-enumerativ und abschließend durch konzerntypische (formale) Rechtspositionen konkretisiert wird; ist einer der Tatbestände des § 290 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 erfüllt, liegt beherrschender Einfluss stets vor (= unwiderlegbare Vermutung). DRS 19.6 definiert beherrschenden Einfluss als die Bestimmung der Finanz- und Geschäftspolitik eines anderen UN. Dies setzt die Fähigkeit zur (nicht nur vorübergehenden) Durchsetzung der wesentlichen Entscheidungen in bedeutenden UN-Bereichen (z. B. Produktion, Vertrieb, Investition, F&E, Personal und Finanzierung) bei diesen UN voraus. Als MU i. S. d. § 290 gilt eine inländische KapG oder haftungsbeschränkte PersG i. S. d. § 264a. MU i. S. d. § 291 (bzw. i. S. d. § 292) kann jedes UN "unabhängig von seiner Rechtsform und Größe" mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR (bzw. mit Sitz außerhalb der EU oder des EWR) sein. Nach dem Konzept der Beherrschungsmöglichkeit (vgl. § 290) können in einem mehrstufigen Konzern mehrere MU zur Konzern-RL verpflichtet sein. § 285 Nr. 14 fordert die Angabe von Name und Sitz desjenigen MU, das den KA auf "höchster Ebene" (tatsächlich) aufstellt.
Rn. 551
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Es ist der Ort anzugeben, wo die KA erhältlich sind. Der Gesetzgeber hat die Anforderungen gegenüber der Rechtslage vor dem BilRUG verschärft, indem er unterstellt, dass der aufgestellte KA durch das MU auch zwingend offengelegt wird; zuvor war die Angabepflicht des Orts nur erforderlich, wenn die Offenlegung durch das MU auch tatsächlich erfolgte. Durch einen pflichtwidrig nicht aufgestellten KA kann die Angabe nicht vermieden werden (vgl. ebenso Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 458), weil bei Anwendung der Vorschrift von einem pflichtgemäßen Verhalten der Beteiligten auszugehen ist. Auch die Nichteinbeziehung eines UN in einen KA in Anwendung von § 296 (vgl. NWB HGB-Komm. (2021), § 285, Rn. 110; ADS (1995), § 285, Rn. 252; HdJ, Abt. IV/4 (2004), Rn. 241; Bonner-HdR (2016), § 285 HGB, Rn. 328; Beck-HdR, B 40 (2017), Rn. 389) sowie nach ausländischen oder internationalen Regelungen entbindet nicht von der Angabepflicht. Ein Verweis auf die Homepage des MU zur Erfüllung der Angabepflicht ist nicht ausreichend, es ist auf die in den jeweiligen gesetzlichen Offenlegungspflichten genannten Orte (z. B. BAnz gemäß § 325 HGB unter Angabe der Nummer der Veröffentlichung für inländische UN, für ausländische UN das jeweilige Amtsblatt) zu verweisen (vgl. wohl ebenso BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 39).
Rn. 552
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Wurden von einem MU die Angaben nach § 285 Nr. 11 oder § 285 Nr. 11b für ein UN wegen eines erheblichen Nachteils i. S. v. § 286 Abs. 3 Nr. 2 nicht gemacht (z. B., um die Offenlegung eines Absatzwegs gegenüber Kunden oder Konkurrenten zu vermeiden), dann würde die Schutzwirkung der Vorschrift aufgehoben, wenn dieses UN sich nach § 285 Nr. 14 als zu dem MU gehörig offenbaren müsste. In einem solchen Fall ist es nach hier vertretener Ansicht gerechtfertigt, wenn das UN von der Angabe nach § 285 Nr. 14 absieht, weil dem Schutzgedanken des § 286 Abs. 3 Nr. 2, den das MU mit Recht für sich in Anspruch nimmt, nur auf diese Weise Rechnung getragen werden kann (vgl. so etwa auch NWB HGB-Komm. (2021), § 285, Rn. 111).