Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 861
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
§ 285 Nr. 33 ist mit dem BilRUG in das HGB eingeführt worden und setzt Art. 17 Abs. 1 lit. q) der Bilanz-R in nationales Recht um; daraus ergibt sich das Gebot einer R-konformen Auslegung und Rechtsfortbildung von § 285 Nr. 33. Nach § 285 Nr. 33 sind im Anhang "Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten und weder in der Gewinn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind, unter Angabe ihrer Art und finanziellen Auswirkung" anzugeben. Damit verlagert § 285 Nr. 33 Angabepflichten zu den Ereignissen nach dem BilSt aus dem Lagebericht (vgl. § 289 Abs. 2 Nr. 1 (a. F.)) in den Anhang.
§ 285 Nr. 33 gilt für große KapG und PersG i. S. v. § 264a, dem PublG unterliegende UN mit Ausnahme von PersG und Einzel-UN (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3–5, 5 Abs. 2 PublG), Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (vgl. § 340a Abs. 1) sowie Versicherungs-UN (vgl. § 341a Abs. 1). Kleine KapG und PersG i. S. v. § 264a und somit auch Kleinst-KapG und Kleinst-PersG i. S. d. § 264a (vgl. § 267a Abs. 2) sind von der Angabepflicht befreit (vgl. § 288 Abs. 1 Nr. 1). Eine entsprechende Angabepflicht besteht für den Konzernanhang nach § 314 Abs. 1 Nr. 25.
Rn. 862
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Vorgänge von besonderer Bedeutung sind Ereignisse, die einen erheblichen Einfluss auf die VFE-Lage des UN haben (vgl. ebenso Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 23 (29)). "Ein Vorgang hat dann besondere Bedeutung, wenn er, hätte er sich bereits vor Ablauf des Berichtszeitraums ereignet, eine deutlich andere Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erfordert" (DRS 20.115 (a. F.)). Hierzu können hinsichtlich ihrer Art (z. T. in Anlehnung an IAS 10.22) gehören:
(1) |
Umwandlungen (z. B. Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel); |
(2) |
Umfangreiche Käufe und Verkäufe von VG, wie z. B. Grundstücke oder Beteiligungen; |
(3) |
Bekanntgabe eines Plans zur Aufgabe eines UN-Bereichs; |
(4) |
Brandschäden oder Auswirkungen von Naturkatastrophen; |
(5) |
Ankündigung umfangreicher Restrukturierungsmaßnahmen; |
(6) |
Maßnahmen zur Änderung des Kap. (z. B. Kap.-Erhöhung oder -herabsetzung); |
(7) |
Änderungen in der Gesellschafterstruktur (z. B. Integration in einen Konzernverbund); |
(8) |
Abschluss wesentlicher Verträge (z. B. BHV und GAV, Gewinnung neuer Großkunden, Eingehen wesentlicher Verpflichtungen); |
(9) |
Änderungen in der Gesetzgebung; |
(10) |
wesentliche Änderungen relevanter Marktverhältnisse (z. B. starker Anstieg von Einkaufspreisen oder Währungen, Preisverfall infolge von Dumpingpreisen der Konkurrenz); |
(11) |
Eröffnung neuer Rechtsstreitigkeiten; |
(12) |
Streiks der Belegschaft; |
(13) |
Maßnahmen in Bezug auf den Fortbestand der Gesellschaft (z. B. Sanierungsmaßnahmen, Forderungsverzichte von Gesellschaftern). |
Rn. 863
Stand: EL 42 – ET: 05/2024
Berichtspflichtig sind nur Vorgänge, die weder in der Bilanz noch in der GuV berücksichtigt sind, mithin nur sog. wertbegründende Ereignisse (vgl. IDW PS 203 (2009), Rn. 9; zudem Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 23 (28); BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 70). Zu berichten ist über Art und finanzielle Auswirkung der Vorgänge.
Rn. 864
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vorläufig frei
Rn. 865
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Eine exakte Quantifizierung finanzieller Auswirkungen wird auch in "Normalfällen" häufig nicht möglich sein; für Zwecke der Erfüllung der Angabepflicht sollte deshalb die Angabe einer quantitativen Bandbreite oder Größenordnung (z. B. "Betrag im niedrigen einstelligen Millionenbereich") ausreichend sein. Eine ausschließlich qualitative Beschreibung erfüllt die Angabepflicht in diesen Fällen hingegen nicht (vgl. ebenso Philipps (2018), S. 304ff.; a. A. Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 23 (29); Theile (2015), S. 156 sowie BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 71, wonach eine lediglich qualitative Erläuterung für ausreichend erachtet wird). Die Art der Darstellung der finanziellen Auswirkungen ist abhängig vom zugrunde liegenden Sachverhalt und kann je nach dem Aussagen zu Auswirkungen auf die Bilanz inkl. EK-Spiegel und GuV, aber auch auf Cashflow-Größen oder einzelne Segmente des UN enthalten (vgl. so auch Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage Nr. 5 zu Heft 36, S. 23 (29), sowie BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 71, wonach eine Einschränkung der Darstellung der Auswirkungen auf die Finanzlage ebenfalls für nicht sachgerecht befunden wird).
Rn. 866
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Berichtspflichtig sind Vorgänge, die nach dem Schluss des GJ eingetreten sind. Der berichtspflichtige Zeitraum beginnt regelmäßig mit dem Ablauf des Abschlussstichtags. Umstritten ist, bis zu welchem Zeitpunkt derartige Sachverhalte berücksichtigt werden müssen. Denkbar sind folgende Zeitpunkte:
(1) |
der Zeitpunkt der Aufstellung des Abschlusses z. B. durch den Vorstand (vgl. ADS (1995), § 289, Rn. 102; Haufe HGB-Komm. (2020), § 285, Rn. 186); |
(2) |
ggf. der Zeitpunkt der Feststellung des Abschlusses; |
(3) |
der Zeitpunkt der Ertei... |