A. Einführung
Rn. 1
Stand: EL 31 – ET: 01/2021
§ 300 AktG regelt für den sog. Vertragskonzern die Dotierung der gesetzlichen Rücklage in Abänderung von § 150 Abs. 2 AktG bei UN-Verträgen (GAV, Teil-GAV, BHV) von AG, KGaA und SE. Zweck der Vorschrift ist es, bilanziell eine Aushöhlung betreffender Gesellschaft zu verhindern. Bestünde diese Sondervorschrift nicht, würde infolge der Anknüpfung von § 150 Abs. 2 AktG am Jahresüberschuss, der bei abführungspflichtigen Gesellschaften nicht oder nur vermindert entsteht, die Verpflichtung zur Bildung ins Leere gehen. Hintergrund ist aufgrund der in § 300 Nr. 1 AktG erwähnten Fünfjahresfrist das steuerliche Organschaftsmodell, bei dem es in erster Linie um die Ergebnisabführung geht (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG). Beim Begriff der gesetzlichen Rücklage ist auf § 150 AktG zurückzugreifen (vgl. HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 1ff.); Gleiches gilt für die gesetzliche Obergrenze. Für die Dotierung enthält § 300 AktG Sondervorschriften, wobei die Regelung nach § 150 Abs. 2 AktG Mindesterfordernisse enthält (vgl. zutreffend Hüffer-AktG (2020), § 300, Rn. 4). Für die Verwendung der gesetzlichen Rücklage enthält § 300 AktG keine Sonderregelungen, so dass es bei der Anwendbarkeit der Vorschriften nach § 150 Abs. 3f. AktG verbleibt.
B. Zuweisung bei Gewinnabführungsverträgen (§ 300 Nr. 1 AktG)
Rn. 2
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In § 300 Nr. 1 AktG wird die Existenz eines GAV i. S. d. § 291 Abs. 1 Satz 1 (2. Fall) AktG vorausgesetzt. Danach muss betreffende AG, KGaA bzw. SE verpflichtet sein, ihren gesamten Gewinn abzuführen. Miteinbezogen ist auch ein Geschäftsführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach die Gesellschaft verpflichtet ist, ihre gesamte geschäftliche Tätigkeit für Rechnung eines anderen UN zu entfalten (vgl. Hüffer-AktG (2020), § 300, Rn. 5; KK-AktG (2004), § 300, Rn. 6); auf die Frage, ob § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG Unentgeltlichkeit voraussetzt, kommt es bei § 300 Nr. 1 AktG nicht an, da § 300 Nr. 1 AktG in beiden Fällen Anwendung findet (vgl. zutreffend ADS (1997), § 300 AktG, Rn. 13; a. A. Emmerich/Habersack (2020), § 300 AktG, Rn. 17; AktG-GroßKomm. (2005), § 300, Rn. 45; Hüffer-AktG (2020), § 300, Rn. 5).
Rn. 3
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Nach § 300 Nr. 1 AktG ist ein fiktiver Jahresüberschuss zu ermitteln, der sich bei fehlendem GAV ergeben würde. Dieser Jahresüberschuss ist wie bei § 150 AktG auch um einen etwaigen Verlustvortrag aus dem VJ zu mindern. Aus dem sich danach ergebenden (positiven) Betrag hat der Vorstand die gesetzliche Rücklage zu dotieren, so dass die Rücklagendotierungspflicht nur so lange besteht, wie sich ein positives Ergebnis ergibt (vgl. ADS (1997), § 300 AktG, Rn. 16; Hüffer-AktG (2020), § 300, Rn. 6; MünchKomm. AktG (2020), § 300, Rn. 8). Fällt ein Gewinn nicht an, so ist die ausgefallene Dotierung im Folgejahr nachzuholen. Auch bei Geschäftsführungsverträgen ist analog durch ergänzende Auslegung ein fiktiver Jahresüberschuss zu ermitteln (vgl. ADS (1997), § 300 AktG, Rn. 17f.; Hüffer-AktG (2020), § 300, Rn. 6; KK-AktG (2004), § 300, Rn. 7).
Rn. 4
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Für die Höhe der Zuführung ist Ausgangspunkt § 150 Abs. 2 AktG, der eine Mindestzuführung i. H. v. 5 % vorsieht (vgl. HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 1ff.). Danach ist in die gesetzliche Rücklage der zwanzigste Teil (5 %) des um einen Verlustvortrag aus dem VJ geminderten sog. berichtigten Jahresüberschusses einzustellen, bis die gesetzliche Rücklage und die Kap.-Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1–3 zusammen 10 % oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkap. erreichen. Dieser gesetzliche Reservefonds ist während der ersten fünf Jahre des Bestehens des GAV auf die gesetzliche oder durch Satzung bestimmte höhere Mindestgrenze aufzufüllen. Die Mindestzuführungspflicht gilt auch dann, wenn der auf fünf Jahre verteilte noch zu bildende Betrag unter die Mindestzuführungsgrenze fallen würde (vgl. ADS (1997), § 300 AktG, Rn. 20; Hüffer-AktG (2020), § 300, Rn. 9).
Rn. 5
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Die Regelzuführung beträgt nach § 300 Nr. 1 AktG 20 % der Differenz, die bei Abschluss des Vertrags zwischen der schon gebildeten gesetzlichen Rücklage und der gesetzlichen Rücklage besteht (vgl. die Berechnungsbeispiele bei ADS (1997), § 300 AktG, Rn. 22; Havermann, WPg 1966, S. 90 (95); Veit, DB 1974, S. 1245ff.). Die Fünfjahresfrist – daher die 20 %ige Regelzuführung – beginnt mit Wirksamwerden des GAV (d. h. regelmäßig mit Eintragung in das Handelsregister nach § 294 Abs. 2 AktG, soweit nicht wirksam eine Rückwirkung vereinbart wurde; vgl. AktG-GroßKomm. (2005), § 300, Rn. 38; MünchKomm. AktG (2020), § 300, Rn. 16; a. A. wohl Emmerich/Habersack (2020), § 300 AktG, Rn. 13). Wegen der steuerlichen Vorgabe, dass ein GAV stets für ein volles GJ gelten muss, d. h. max. eine Rückwirkung für das laufende GJ zulässig ist, hat dieser (Meinungs-)Streit kaum praktische Bedeutung (vgl. BFH, Urteil vom 23.08.2017, I R 80/15, DStR 2017, S. 2803 (2805)).
Rn. 6
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Bei Kap.-Maßnahmen läuft ab Durchführung der Kap.-Erhöhung (i. d. R. mit Eintrag...