A. Vorbemerkungen

 

Rn. 1

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Zusammen mit den Schlussvorschriften, die die erstmalige Anwendung geänderter Vorschriften sowie das Inkrafttreten des Gesetzes regeln, stellen die Straf- und Bußgeldvorschriften sowie die Regelungen zu Ordnungsgeldern den dritten und letzten Abschnitt des PublG dar. Die Normen der §§ 1721a PublG sind – ebenso wie die §§ 331–335c – trotz ihrer Integration in das PublG als Vorschriften des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts sowie des Wirtschaftsverwaltungsrechts zu qualifizieren (vgl. HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 1). Über die genannten Normen hinaus sind im PublG keine weiteren strafrechtlichen Vorschriften enthalten.

 

Rn. 2

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die §§ 1721a PublG beziehen sich auf Verstöße im Zusammenhang mit der RL und AP von dem PublG unterliegenden UN. Sie gelangen bei UN zur Anwendung, die einerseits die Größenkriterien des PublG erfüllen und andererseits nicht unmittelbar den entsprechenden (Konzern-)RL-Vorschriften des HGB unterliegen. Für den (Konzern-)RL-Vorschriften des HGB unterliegende UN beinhaltet dieses eigene Straf- und Bußgeldvorschriften sowie Regelungen zu Ordnungsgeldern. Eine mögliche Sanktionierung richtet sich nach den Normen des Gesetzes, welches das UN zur (Konzern-)RL verpflichtet, so dass entweder die Straf- und Bußgeldvorschriften bzw. Ordnungsgeldvorschriften des HGB oder die des PublG zur Anwendung gelangen. Die unterschiedlichen UN-Formen, die von den Vorschriften des PublG erfasst werden, bedingen die Interpretation der kodifizierten Regelungen vor dem Hintergrund der jeweiligen UN-Form.

 

Rn. 3

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

In ihrer Ausgestaltung bestehen weitreichende Parallelen zwischen den Straf- und Bußgeldvorschriften des PublG sowie den korrespondierenden Normen des HGB. Hinsichtlich der Ordnungsgeldverfahren verweisen die Vorschriften des PublG auf die entsprechenden Regelungen des HGB. Daher können die Erläuterungen und Interpretationen zu den HGB-Vorschriften in vielen Bereichen auf die PublG-Regelungen übertragen werden (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2022), § 331 HGB, Rn. 60f., sowie ausführlich zu den entsprechenden Regelungen des HGB BilR-HB (2018), Kap. B/I, S. 249ff. (Rn. 1ff.)).

B. Allgemeine Grundlagen des Strafrechts

 

Rn. 4

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In Abhängigkeit von der Bedeutung des entsprechenden Rechtsguts sowie des daraus resultierenden Schweregrads der Tat werden Straftaten in Verbrechen und Vergehen differenziert. Maßgeblich ist die angedrohte Mindeststrafe. Bei Verbrechen handelt es sich um Taten, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind (vgl. § 12 Abs. 1 StGB). Rechtswidrige Taten, die mit einer geringeren Mindestfreiheitsstrafe oder lediglich mit einer Geldstrafe bedroht sind, qualifizieren sich demgegenüber als Vergehen (vgl. § 12 Abs. 2 StGB). Die §§ 1719a PublG sind damit Vergehen. Davon abzugrenzen sind Ordnungswidrigkeiten. Diese stellen rechtswidrige Handlungen dar, die lediglich mit einer Geldbuße geahndet werden (vgl. § 1 Abs. 1 OWiG), da sie eine geringere Rechtsverletzung darstellen. Während Geldbußen von Verwaltungsbehörden angeordnet werden, werden Strafen stets von Gerichten verhängt (vgl. HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 5). Die in § 20 PublG geregelten Tatbestände sind Ordnungswidrigkeiten.

 

Rn. 5

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Straftaten und Ordnungswidrigkeiten können sowohl durch aktives Tun als auch durch Unterlassen begangen werden. Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht (vgl. § 15 StGB; § 10 OWiG). Die §§ 1719a PublG sind mit Ausnahme von § 17 Abs. 1 Nr. 1a und Nr. 3 PublG (dort auch leichtfertige Begehung; vgl. HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 50) ausschließlich Vorsatztaten. Tatvorsatz bedeutet das Wissen und/oder Wollen der Tatbestandsverwirklichung (vgl. zur Unterscheidung zwischen zivilrechtlichem und strafrechtlichem Vorsatzbegriff HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 8, m. w. N.). Einer Kenntnis von der Strafbarkeit des Verhaltens bedarf es nicht. Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (vgl. § 23 Abs. 1 StGB). Eine derartige Anordnung fehlt in den §§ 1719a PublG.

 

Rn. 6

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Als Täter sowohl von Straftaten als auch von Ordnungswidrigkeiten kommen ausschließlich natürliche Personen in Frage. Daraus folgt, dass bei Delikten, die im Zusammenhang mit den Pflichten juristischer Personen stehen, nicht die juristische Person und ihre Organe als solche strafbar bzw. ordnungswidrig handeln (vgl. § 14 StGB bzw. § 9 OWiG). Vielmehr sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten UN-Organs i. S. d. Strafrechts verantwortlich (vgl. HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 7). Geldbußen können gemäß § 30 OWiG allerdings auch gegen juristische Personen und Personenvereinigungen verhängt werden.

 

Rn. 7

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Die §§ 1719a PublG sind Sonderdelikte, da als Täter (vgl. zu Gehilfen HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 8) nur bestimmte Personen in Frage kommen. Wä...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Küting, Handbuch der Rechnungslegung - Einzelabschluss (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?