Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 335
§ 277 Abs. 1 HGB definiert die Umsatzerlöse. Diese sind in § 275 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1 HGB erwähnt. Viel wesentlicher ist der Begriff zur Ermittlung der Größenklassen (vgl. § 267 HGB). Insbesondere wenn man bedenkt, dass kleine Kapitalgesellschaften nicht prüfungspflichtig sind (vgl. § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB) und auch ihre GuV nicht offenzulegen haben (vgl. § 326 Abs. 1 Satz 1 HGB), kann die Umsatzschwelle ein entscheidendes Kriterium sein, wenn bislang nur ein Kriterium für eine größere Klasse erfüllt ist.
Tz. 336
Der Umsatzerlös ist nicht deckungsgleich mit den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterworfenen Lieferungen und Leistungen. Sie setzen Außenumsätze voraus, wie es von § 277 Abs. 1 HGB umschrieben wird. Umsätze waren bislang nur die Veräußerung von Waren, wie sie zum typischen Leistungsspektrum gehören; nicht jedoch die Veräußerung nicht mehr benötigter Gegenstände. Das galt auch für Dienstleistungen, sodass mangels Leistungsentgelts Erträge aus Wertpapieren und Beteiligungsbesitz (auch bei der Holding) nicht zum Umsatz zählten. Es kam somit darauf an, dass es sich um gewöhnliche Geschäftstätigkeiten und um für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typische Leistungen gehandelt hat. Ersteres richtete sich nach dem Unternehmensgegenstand, letzteres nach dem tatsächlichen Erscheinungsbild der Gesellschaft. Dieses kann sich im Laufe der Zeit wandeln.
Tz. 337
Durch das BilRUG ist § 277 Abs. 1 HGB neu gefasst worden. Es bleibt bei den Außenumsätzen. Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2013/34/EG differenziert bei den Umsätzen nicht mehr und die z. T. schwierige Unterscheidung unterfällt damit in Zukunft. In der Konsequenz müssen nunmehr alle Umsatzerlöse ausgewiesen werden, auch wenn sie nicht auf gewöhnlicher Geschäftstätigkeit beruhen. Gleichwohl bleibt es dabei, dass es sich um die Geschäftstätigkeit handeln muss. Nach wie vor bleibt es daher bei den sonstigen betrieblichen Erträgen, insbesondere wenn bisher als Anlagevermögen ausgewiesene Gegenstände veräußert werden. Das wird anders in dualen Geschäftsmodellen zu handhaben sein (einige Zeit Vermietung oder Leasing, dann Verkauf); hier wird man von einem betrieblichen Ertrag auszugehen haben. Ebenfalls wird weiterhin auf ein Leistungsentgelt abzustellen sein, sodass Erträge aus Wertpapieren und Beteiligungsbesitz nicht zum Umsatz zählen. Bei Konzernumlagen ist zu differenzieren. Sie werden nur dann als Umsatz eingeordnet werden können, wenn sie tatsächlich betrieblich veranlasst sind. Dass nunmehr von "Produkten" statt "Erzeugnissen und Waren" die Rede ist, ist wohl redaktioneller Natur.
Tz. 338
Erlösschmälerungen wie Kaufpreisnachlässe, Rabatte, Boni oder Skonti sind unbeachtlich, d. h. es ist nur der tatsächliche Rechnungsbetrag maßgeblich. Ebenso ist die Umsatzsteuer abzuziehen; das gilt auch für die ausländische Umsatzsteuer. Umsatzerlöse sind "netto" auszuweisen; jedoch kann die Umsatzsteuer von den Bruttoerlösen offen abgesetzt werden. Andere Verbrauchs- und Verkehrssteuern knüpfen nicht an den Umsatz an und waren bislang auszuweisen. Das BilRUG hat mit dieser Auffassung gebrochen; nunmehr können auch Mineralöl-, Tabak- und Stromsteuer abgesetzt werden, wohl auch Verbrauchsteuern und Monopolabgaben.