Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 38
IAS 1.60 gewährt kein Darstellungswahlrecht, sondern schreibt für die erste Gliederungsebene den Grundsatz der Gliederung nach Fristigkeit vor. Für kurz- und langfristig gebundene Vermögenswerte sowie kurz und langfristig fällig werdende Schulden sind grundsätzlich getrennte Gliederungsgruppen zu bilden. Davon regelt IAS 1.60 Satz 1, 1. Halbsatz eine Ausnahme, wenn eine Darstellung nach der Liquidität zuverlässig und relevanter ist. Dann muss, anders als teilweise im Schrifttum vertreten, nach der Liquidität gegliedert werden. Das im Wortlaut schwach angelegte Wahlrecht wird vom Relevanzgebot (vgl. IAS 1. 17 Buchst. b)) überlagert. Eine zulässige Darstellung, die relevanter ist, muss gewählt werden. Relevanter ist eine Darstellung nach der Liquidität regelmäßig bei Finanzinstituten (vgl. IAS 1.63), Versicherungsunternehmen und Investment- und Beteiligungsgesellschaften, wenn die Bilanz im Wesentlichen nur Finanzinstrumente darstellt (vgl. DRSC Interpretation [IFRS] 1.23). Eine Darstellung nach der Liquidität kann auch bei reinen Holdinggesellschaften relevanter sein.
IAS 1.64 erlaubt abweichend von IAS 1.60 auf der ersten Gliederungsebene eine uneinheitliche Bilanzgliederung nach Fristigkeit und nach Liquidität, wenn dadurch zuverlässige und relevantere Informationen zu erzielen sind. IAS 1.64 regelt mit seinem Wortlaut, "darf", aber ebenfalls kein Wahlrecht. Eine Darstellung, die zu relevanteren Informationen führt, muss gewählt werden. Als Beispiel nennt IAS 1.64 Satz 2 Unternehmen, die in unterschiedlichen Geschäftsfeldern tätig sind. Über dieses Beispiel setzt sich das DRSC in DRSC Interpretation [IFRS] 1.24 hinweg, die ausdrücklich empfiehlt auf eine Mischform der Gliederungsprinzipien zu verzichten. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass für die Abschlussadressaten deutscher Unternehmen stets eine Gliederung nach der Fristigkeit zu relevanteren Informationen führt, wenn im Anhang zusätzlich die relevanten Posten nach Liquiditätsnähe gegliedert werden (vgl. DRSC Interpretation [IFRS] 1.25).
IAS 1.60, .63 und .64 treffen keine Regelung für die zweite und die weiteren Gliederungsebenen. Soweit bei der Gliederung nach Fristigkeit kurzfristige und langfristige Vermögenswerte sowie kurzfristige und langfristige Schulden in getrennten Gliederungsgruppen dargestellt werden, kann innerhalb dieser Gruppen auch nach Liquidität oder nach anderen Maßstäben gegliedert werden.