Dipl.-Kfm. Klaus Eckmann, Dr. Niklas Homfeldt
Tz. 144
Erschwerend hinzu kommt der Streit über die Bedeutung der Vermutungsregel nach § 342 Abs. 2 Satz 2 HGB. Während die einen darin eine Beweislastregel im prozessualen Sinn sehen wollen, handelt es sich nach anderer Auffassung um eine "(zweistufige) gesetzliche Rechtsvermutung mit zuvörderst materiell-rechtlichem Gehalt". Indessen dürften die praktischen Unterschiede zwischen beiden Ansätzen gering sein. Denn in beiden Fällen trifft dasjenige Unternehmen, das im Konzernabschluss von der DRSC-Empfehlung abweicht, die Darlegungs- und Beweislast, dass die gewählte Bilanzierung mit den GoB (vgl. §§ 238 Abs. 1 Satz 1, 243 Abs. 1, 297 Abs. 2 Satz 1, 342 Abs. 2 HGB) überein stimmt. Dieser Gegenbeweis kann mit allen zivilprozessualen Beweismitteln geführt werden. Letztlich behält mithin nach beiden Auffassungen das Gericht die Kontrolle über die Konkretisierung von Konzernrechnungslegungs-GoB, denn das Gericht entscheidet, ob eine nicht DRS-konforme Konzernrechnungslegung gleichwohl den Anforderungen genügt. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber erreichen, dass die DRS vor Gericht grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden, d. h. der standardkonforme Abschluss ist im Streitfall zu akzeptieren. Andererseits ist ein abweichender Abschluss nicht per se GoB-widrig. Allerdings wird der Aufwand, der zum Nachweis der GoB-Konformität eines abweichenden Abschlusses erforderlich ist, beträchtlich sein. Hier ergeben sich zudem zwei Probleme: Wenn das DRSC mit seiner Empfehlung einen Grundsatz im Sinne des zuvor Ausgeführten als Konzern-GoB erkennt, dürfte es schwer vorstellbar sein, dass ein widersprechender Grundsatz ebenfalls ein Konzern-GoB ist. Insoweit ist nämlich von der inneren Schlüssigkeit der GoB auszugehen. Darüber hinaus erzeugt die Vermutungsregelung in § 342 Abs. 2 Satz 2 HGB natürlich einen unverkennbaren Druck auf die Unternehmen, der DRSC-Empfehlung zu folgen. Das führt dazu, dass die DRS zwar keine Rechtsnormen darstellen und keinen Rechtszwang erzeugen, dass sie aber in der Praxis mit ihrer Bekanntmachung rein faktisch als Konzernabschluss-GoB angesehen werden. Man mag das aus der Sicht der Rechtsquellenlehre bemängeln, jedoch muss man einräumen, dass sich die Praxis damit abgefunden hat.