Dipl.-Oec. Andrea Bruckner, Dr. Niklas Homfeldt
Tz. 143
Nach den Bestimmungen des § 319b Abs. 1 Satz 3 HGB liegt ein Netzwerk vor, wenn Personen zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen für eine gewisse Dauer bei ihrer Berufsausübung zusammenwirken. Auf die rechtliche Ausgestaltung des Netzwerks und die nationale Zugehörigkeit der Netzwerkmitglieder kommt es nicht an. Insbesondere ist eine (gesellschaftsrechtliche) Beteiligung nicht erforderlich. Ausreichend ist ein faktisches Verhalten, wenn dieses auf eine gewisse Dauer angelegt und nach außen erkennbar ist (vgl. Begründung zu § 21 Abs. 4 Satz 1 BS WP/vBP).
Tz. 144
Die vorliegende Definition eines Netzwerks stellt auf ein Zusammenwirken von Personen bei ihrer Berufsausübung ab. Der Begriff "Personen" ist dabei laut Gesetzesbegründung aus dem BGB entlehnt und umfasst neben natürlichen und juristischen Personen auch teilrechtsfähige Personenvereinigungen (bspw. GbR).
Eine gemeinsame Berufsausübung wird zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale eines Netzwerks nicht vorausgesetzt. Neben der Ausübung des Berufs als Wirtschaftsprüfer sind unter die hier gemeinte Berufsausübung sämtliche Betätigungen zu fassen, die mit der Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer nach der jeweils zugrunde liegenden Rechtsordnung vereinbar sind. Hierzu zählen insbesondere auch Steuer-, Unternehmens- und Rechtsberatung.
Per definitionem muss die Berufsausübung auf die Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen ausgerichtet sein. Nicht unter die Netzwerkklausel fallen demnach bspw. reine Bürogemeinschaften, Sozietäten oder auch eine gemeinsame Beteiligung an einem Unternehmen, sofern nicht zusätzliche Faktoren – bspw. die gemeinsame Ressourcennutzung oder gemeinsame Erbringung von Dienstleistungen – hinzukommen. Für eine Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen ist es erforderlich, dass das Zusammenwirken auf die Steigerung des wirtschaftlichen Erfolgs sämtlicher Beteiligten aus der beruflichen Betätigung ausgerichtet ist. Der wirtschaftliche Erfolg ist dabei im Speziellen abhängig von
- der Art der jeweiligen Dienstleistung,
- dem Kundenstamm,
- der Qualität zum Einsatz kommender technischer und personeller Ressourcen,
- der Effizienz der für die Ausübung des Berufs erforderlichen Verfahren bzw. Hilfsmittel und
- der Wahrnehmung der Mandanten von der Qualität der Berufsausübung.
Im Einzelfall wird anhand dieser Faktoren eine Beurteilung im Hinblick auf die Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen vorgenommen. Daneben findet sich in der 8. EU-Richtlinie (Abschlussprüfungsrichtlinie) für die Beurteilung der Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen eine Auflistung von Indikatoren. Hierzu gehören:
- die Gewinn- und Kostenteilung
- die Verbindung durch spezifische Faktoren wie gemeinsames Eigentum, gemeinsame Kontrolle oder Geschäftsführung, gemeinsame Qualitätssicherungsmaßnahmen und -verfahren, gemeinsame Geschäftsstrategie, eine gemeinsame Marke oder durch die Verwendung gemeinsamer fachlicher Ressourcen
Das Zusammenwirken muss zumindest auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Die Durchführung von Gemeinschaftsprüfungen erfüllt damit ebenso wenig die Tatbestandsmerkmale eines Netzwerks wie eine gelegentliche Zusammenarbeit.