Dipl.-Oec. Andrea Bruckner, Dr. Niklas Homfeldt
Tz. 187
Nach Abs. 1 Satz 2 ist im Bericht vorweg zu der Beurteilung der Lage des Unternehmens oder Konzerns durch die gesetzlichen Vertreter Stellung zu nehmen, wobei insbesondere auf die Beurteilung des Fortbestandes und der künftigen Entwicklung des Unternehmens unter Berücksichtigung des Lageberichts und bei der Prüfung des Konzernabschlusses von Mutterunternehmen auch des Konzerns unter Berücksichtigung des Konzernlageberichts einzugehen ist, soweit die geprüften Unterlagen und der Lagebericht oder der Konzernlagebericht eine solche Beurteilung erlauben. Ziel dieser Berichterstattung ist es, durch eine in sich geschlossene Darstellung zu Beginn des Prüfungsberichts die Aufmerksamkeit der Berichtsadressaten auf wichtige Sachverhalte zu lenken und diesen eine Grundlage für eigene Einschätzungen der Lage zu liefern. Damit soll der besonderen Bedeutung, der einer selbstständigen Beurteilung der Lage durch den Abschlussprüfer für die Unterstützung der Überwachungsfunktion durch den Aufsichtsrat zukommt, Rechnung getragen werden.
Die Stellungnahme zur Lagebeurteilung erfolgt vorweg, d. h. in einem Eingangsteil zum Prüfungsbericht. Nach h. M. ist es jedoch nicht zielführend, den Prüfungsbericht mit den Ausführungen zur Lagebeurteilung zu beginnen. Vielmehr ist dem Leser zunächst der Prüfungsauftrag darzulegen.
Tz. 188
Um zur Lagebeurteilung durch die gesetzlichen Vertreter Stellung nehmen zu können, d. h. um einzuschätzen, ob diese in sich schlüssig und die Schlussfolgerungen plausibel und nachvollziehbar sind, hat der Abschlussprüfer diese eigenständig zu beurteilen, d. h. eine eigene Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abzugeben, die im Rahmen der Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht gewonnen wurde. Die Berichterstattungspflicht besteht unabhängig davon, in welche Richtung die Signale zur Entwicklung des Unternehmens deuten, d. h. sowohl positive als auch negative Aspekte der Lage und die voraussichtliche Entwicklung mit ihren Chancen und Risiken sind zu würdigen. Der Abschlussprüfer hat auch besondere Feststellungen zum Fortbestand des Unternehmens zu treffen, selbst wenn die diesbezüglichen Beurteilungen der gesetzlichen Vertreter nur implizit erfolgen. Insbesondere wenn die gesetzlichen Vertreter bei der Bilanzierung eine Unternehmensfortführung unterstellen und an dieser Annahme aufgrund bestandsgefährdender Risiken Zweifel bestehen, ist der Abschlussprüfer zur Berichterstattung verpflichtet. Eine solche Stellungnahme setzt zudem voraus, dass der Abschlussprüfer die von den gesetzlichen Vertretern des Mandanten zugrunde gelegten Annahmen kritisch würdigt. Kernaussagen, zu denen der Abschlussprüfer Stellung nimmt, sollten hervorgehoben, erläutert und beurteilt werden, sodass z. B. die Angabe von Ursachen für die Entwicklungen des Unternehmens denkbar ist. Verbale Erläuterungen können durch quantitative Datenaufbereitungen unterlegt und ergänzt werden. Die Intensität der Ausführungen des Abschlussprüfers steigt umso mehr, je weniger er der Einschätzung durch die gesetzlichen Vertreter folgen kann und je schlechter die Lage des Unternehmens ausfällt.
Hält der Abschlussprüfer die Einschätzungen der gesetzlichen Vertreter für vertretbar, ist es hinreichend, wenn er in seiner Stellungnahme die wesentlichen Angaben hervorhebt. Unter Umständen kann es zweckmäßig sein, auf alternative Einschätzungen einzugehen, die aus existierenden Beurteilungsspielräumen resultieren. Vom Abschlussprüfer ist dann auch zu beurteilen, inwieweit Risiken oder Chancen bestehen, die nicht hinreichend dargelegt worden sind. Dies gilt insbesondere für erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Beurteilung der künftigen Entwicklung. In solchen Fällen muss dem Leser des Prüfungsberichts das Ausmaß der Konsequenzen einer abweichenden Beurteilung verdeutlicht werden. Wird die Beurteilung der Lage durch die gesetzlichen Vertreter hingegen als nicht vertretbar angesehen, so ist dies vom Abschlussprüfer zu erläutern.
Tz. 189
Der Prüfer soll aber lediglich die Beurteilung der gesetzlichen Vertreter überprüfen und diese ggf. mit einem Fragezeichen versehen, nicht aber diese durch seine eigene Prognoseentscheidung ersetzen. Insofern ist er auch nicht verpflichtet, eigene Prognoserechnungen vorzunehmen. Es ist insbesondere nicht die Aufgabe des Abschlussprüfers, die Angaben anstelle der gesetzlichen Vertreter zu machen, sofern zulässigerweise oder pflichtwidrig ein Lagebericht nicht aufgestellt worden ist. Sofern zulässigerweise auf die Aufstellung eines Lageberichts verzichtet worden ist, entfällt die Pflicht, im Prüfungsbericht zur Lagebeurteilung Stellung zu nehmen, und der Abschlussprüfer hat keine weiteren Angaben zu machen. Wird der Lagebericht unzulässigerweise nicht aufgestellt, ist dies in der Stellungnahme zur Lagebeurteilung festzuhalten und es ist darauf zu verweisen, dass aus diesem Grund keine Möglichkeit bestand, zur Beurteilung der Lage durch die gesetzlichen...