Dipl.-Oec. Andrea Bruckner, Dr. Niklas Homfeldt
Tz. 101
Sofern ein Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer Anteile oder andere nicht nur unwesentliche finanzielle Interessen an der zu prüfenden KapGes/KapCo-Gesellschaft oder eine Beteiligung an einem Unternehmen besitzt, das mit der zu prüfenden KapGes/KapCo-Gesellschaft verbunden ist oder von dieser mehr als 20 % der Anteile besitzt, ist er von der Abschlussprüfung ausgeschlossen (§ 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB).
Tz. 102
Jede Beteiligung am gezeichneten Kapital des zu prüfenden Unternehmens gilt ungeachtet der Höhe als Anteilsbesitz. Dies trifft auch auf Beteiligungen an KapCo-Gesellschaften zu. Stille Beteiligungen führen, da eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung nicht vorliegt, grundsätzlich nicht zu einem Anteilsbesitz im Sinne des § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB. Weist der stille Gesellschafter jedoch Rechte auf, welche denen der Gesellschafter einer KapGes entsprechen, kann etwas Anderes gelten.
Hält der Wirtschaftsprüfer bzw. vereidigte Buchprüfer Anteile als Treuhänder, wird der Ausschlusstatbestand ebenfalls erfüllt, da er zur Vertretung der Interessen des Treugebers verpflichtet ist und dies sein Urteil ggf. beeinflussen könnte. Im Falle der Sicherungstreuhand, bei der die Funktionen des Treuhänders beschränkt sind, liegt hingegen eine andere Situation vor. Nimmt der Wirtschaftsprüfer bzw. vereidigte Buchprüfer die Rolle eines Treugebers ein, sind die vom Treuhänder gehaltenen Anteile dem Abschlussprüfer zuzurechnen.
Zum Ausschluss können auch mittelbare Beteiligungen am zu prüfenden Unternehmen führen. Dies trifft jedoch lediglich dann zu, sofern es sich um Beteiligungen an einem Unternehmen handelt, das mit der zu prüfenden KapGes/KapCo-Gesellschaft verbunden oder im Besitz von mehr als 20 % der Anteile dieser KapGes/KapCo-Gesellschaft ist. Keinen gesetzlichen Ausschlussgrund stellt der mittelbare Anteilsbesitz in Form von Anteilen an Wertpapier-Investmentfonds dar.
Unter den im Gesetzeswortlaut erwähnten anderen finanziellen Interessen sind bspw. Schuldverschreibungen, Schuldscheine, Genussrechte, Optionen oder sonstige Wertpapiere zu verstehen. Nur wenn diese nicht unwesentlich sind, begründen sie die unwiderlegbare Vermutung der Besorgnis der Befangenheit.