Dr. Falk Mylich, Dr. Thilo Schülke
Tz. 6
Die Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften des HGB sind zwingendes Recht. Es handelt sich um Rechtsnormen i. S. d. § 2 EGHGB. Das bedeutet, dass sie einzuhalten sind. Diese Rechtsnormen sind kein dispositives Recht. Unter dispositivem Recht, werden solche Rechtsnormen verstanden, die nur dann gelten sollen, wenn die beteiligten Rechtssubjekte nichts anderes vereinbaren. Es handelt sich gewissermaßen um "Ersatzrecht", das dann gilt, wenn z. B. zwei Vertragsparteien ihre Vertragsfreiheit ("Privatautonomie") nicht nutzen, um eigene Regelungen zu schaffen. Überwiegend wird das Bilanzrecht sogar dem öffentlichen Recht zugeordnet. Die Regeln des öffentlichen Rechts dürfen nicht durch Vereinbarungen Privater umgangen werden, denn mit ihnen setzt der Staat – vereinfacht gesprochen – hoheitliche Belange um. Ob Bilanzrecht tatsächlich öffentliches Recht ist, bedarf hier keiner näheren Auseinandersetzung. Denn auch das Privatrecht kennt zwingende Vorschriften, von denen nicht abgewichen werden darf und die nicht dispositiv sind. Da die Vorschriften der §§ 246 ff., 252 ff. und 266 ff. HGB nicht dispositiv sind, ist es nicht zulässig, sie durch vertragliche Vereinbarungen zu umgehen. Entspricht ein Bilanzansatz, die Bewertung des angesetzten Vermögensgegenstandes oder der angesetzten Schuld oder der Ausweis des Gegenstandes oder der Schuld nicht den gesetzlichen Vorgaben, kann dies als unrichtiger Ansatz, unrichtige Bewertung oder unrichtiger Ausweis bezeichnet werden. Dieser Begriff wird hier vor allem deshalb gewählt, um eine Abgrenzung zum im Bilanzrecht vertretenen subjektiven Fehlerbegriff zu ermöglichen (dazu sogleich).