Dr. Falk Mylich, Dr. Thilo Schülke
Tz. 71
Ist ein festgestellter Jahresabschluss fehlerhaft, aber nicht nichtig, darf er auch noch nach der Feststellung geändert werden. Das wird damit begründet, dass ein gesetzlicher Zustand hergestellt wird, sodass es an der Willkür mangele. Grundsätzlich ist der Geschäftsleiter frei in seiner Entscheidung. Ein Jahresabschluss mit wirksamen Bilanzansätzen soll nach h. M. auch noch abgeändert werden können, wenn wichtige rechtliche, wirtschaftliche oder steuerliche Gründe einen derartigen Schritt begründen können. Das Erkennen nachträglicher Verluste wird als ein solcher Grund genannt. Jedoch muss bedacht werden, dass damit nur Verluste gemeint sein können, die bis zum Stichtag eingetreten waren, aber erst nach der Feststellung des Jahresabschlusses erkannt werden konnten. Dem wird man zustimmen können, weil auf diese Weise ein Streit um die Wirksamkeit des Jahresabschlusses vermieden werden kann, weil der genaue Zeitpunkt des Kennenmüssens bzw. der Kenntnis von den Umständen nicht genau zu beweisen sein wird. Der Bundesgerichtshof hat sich bislang zu diesen Fragen nicht geäußert, sondern lediglich das Willkürverbot bestätigt. Mit gewichtigen Argumenten wendet sich Ekkenga gegen die h. M. Die h. M. hat Schwierigkeiten, eine uferlose Ausweitung der Berechtigung zur Neuaufstellung, insbesondere im Hinblick auf den Vertrauensschutz der Gesellschafter zu vermeiden. Mit Recht greift Ekkenga auf das Stichtagsprinzip und den Grundsatz der Wertaufhellung, der mit Feststellung des Jahresabschlusses seine Grenze findet, zurück. Allerdings ist aus praktischer Sicht zu bedenken, dass zumindest im GmbH-Recht die h. M. angewendet werden muss, solange die bedenkliche h. M. existiert, dass §§ 31, 30 GmbHG nicht allein an ausschüttungsfähiges Vermögen auf Basis einer festgestellten Handelsbilanz anknüpfen, sondern zusätzlich verlangen, dass im Ausschüttungszeitpunkt ein entsprechendes ausschüttungsfähiges Vermögen vorhanden ist (vgl. Kapitel 20 Tz. 56). Wird vor der Gewinnausschüttung erkannt, dass z. B. erhebliche Rückstellungen gebildet werden müssen, kann der Jahresabschluss entsprechend korrigiert werden. Das gelingt allerdings – zutreffend Ekkenga – nur unter Verletzung der Grundsätze des Stichtagsprinzips (Ereignis ist erst in der neuen Rechnungsperiode eingetreten) oder Wertaufhellung (Ereignis aus der letzten Rechnungsperiode wurde erst nach Feststellung des Jahresabschlusses bekannt).