Tz. 23
Ein typischer Fall liegt in den Kosten für die erneute Prüfung des JA. Die Kosten für die erneute Aufstellung des JA müssen ihm nicht auferlegt werden, weil eine neue Aufstellung sowieso nötig ist. Das ist nur anders, wenn der JA zutreffend aufgestellt worden war und der Mangel allein aus dem Bereich des Prüfers stammt. So kann es sein, dass ein Abschlussprüfer nicht über den nach § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB erforderlichen Qualitätsnachweis verfügt. Trotz Heilung eines Mangels gem. § 256 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 3 AktG darf die Gesellschaft den JA erneut aufstellen und prüfen lassen, um sich von der Richtigkeit der Zahlenwerte zu überzeugen. Eine derartige "Herausforderung" hat der Bundesgerichtshof als Schaden akzeptiert.
Tz. 24
Sind falsche Zahlenwerte im JA angesetzt worden, haftet der Abschlussprüfer auch für darauf basierende Ausschüttungen an Gesellschafter, wenn diese z. B. wegen § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht zurückzuerlangen sind. Schwierigkeiten bestehen im GmbH-Recht, wenn § 32 GmbHG den Rückgriff auf die Gesellschafter verhindert. Hier nimmt das Gesetz nicht allein wegen des Vertrauensschutzes zugunsten der Gesellschafter an, dass auf eine Rückzahlung vorläufig verzichtet werden kann. Vielmehr zeigt es, dass es aus Perspektive der Gesellschaft und ihrer Gläubiger keiner Rückzahlung bedarf, weil § 31 GmbHG bei späterer Notwendigkeit gleichwohl einen Rückzahlungsanspruch gewährleistet. Daher kann nur bei fehlender Möglichkeit der Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Gesellschafter aus § 31 GmbHG ein Schaden angenommen werden.
Tz. 25
Eine Erhöhung der Passivposten durch Verschleppung des Insolvenzantrags wegen fehlerhafter Prüfung eines JA soll in Höhe des durch Insolvenzverschleppung entstandenen Schadens auch zu einem Schadensposten führen. Hierbei handelt es sich nicht um ein originäres Schadensinteresse der Gesellschaft selbst, sondern um einen Quotenschaden der Gläubiger. Anders als der zum Insolvenzantrag verpflichtete Geschäftsführer kann der Abschlussprüfer selbst bei richtiger Prüfung nicht auf den Insolvenzantrag hinwirken, weil er insoweit nicht berechtigt ist. Im Vergleich mit der zurückhaltend bejahten Dritthaftung des Abschussprüfers und dem dort für eine etwaige Haftung u. a. notwendigen konkreten Vertrauen in den JA erscheint eine Haftung in diesem Fall überzogen.
Tz. 26
Überhöhte Tantiemen sind ebenso ersatzfähiger Schaden wie wegen Bezugnahme auf einen unzutreffenden JA gezahlte gewinnabhängige Zinsen bzw. Gewinnausschüttungen (z. B. bei partiarischen Darlehen oder atypisch stillen Gesellschaften), soweit diese von den Empfängern nicht zu erlangen sind. Wurde zu Unrecht der uneingeschränkte (bzw. eingeschränkte) Bestätigungsvermerk verweigert, können sich ersatzfähige Schäden – sofern sich die insoweit erforderliche Kausalität im konkreten Fall bejahen lässt – aus überhöhten Finanzierungs- und Kreditkosten für die Gesellschaft ergeben.