Prof. Dr. Frank Peter Schuster
Tz. 58
Zum tauglichen Täterkreis gehören die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs (vgl. Tz. 30, nicht jedoch die Aufsichtsratsmitglieder) von KapGes, die Inlandsemittenten im Sinne des § 2 Abs. 7 WpHG sind, aber nicht unter § 327a HGB fallen. Tatsächlich betroffen sind damit vor allem die Vorstandsmitglieder einer börsennotierten AG. Zum Problem des faktischen Organs vgl. Tz. 13 f. (i. d. R. dürfte aber das formelle Organ die Versicherungen abgeben), zur Möglichkeit der Teilnahme vgl. Tz. 16. Tatmittel ist die schriftliche (und gem. § 126 BGB mit eigenhändiger Namensunterschrift versehene) Bekräftigung der Richtigkeit des Jahresabschlusses (§ 264 Abs. 2 Satz 3 HGB, vgl. Tz. 33), des Lageberichts (§ 289 Abs. 1 Satz 5 HGB), des Konzernabschlusses (§ 297 Abs. 2 Satz 4 HGB, vgl. Tz. 49) oder des Konzernlageberichts (§ 315 Abs. 1 Satz 6 HGB). Ob auch der unrichtige Bilanzeid zu Abschlüssen nach IAS/IFRS (vgl. Tz. 45 f.) von der Vorschrift umfasst wird, ist umstritten. Insoweit muss jedoch ausreichen, dass die §§ 264 Abs. 2 Satz 3, 297 Abs. 2 Satz 4 HGB (allein auf die Pflichten nimmt § 331 Nr. 3a HGB Bezug) von den §§ 315a, 325 Abs. 2a HGB ausdrücklich für anwendbar erklärt werden. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG ist insoweit nicht erkennbar.
Tz. 59
Als Tathandlung muss die Versicherung nicht richtig abgegeben worden sein, wobei es hinsichtlich der Richtigkeit auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Unter den Wortlaut des Tatbestandes ließe sich zwar auch die objektiv zutreffende, nur nach dem Vorstellungsbild des Erklärenden unrichtige Bekräftigung subsumieren. Schutzgut wäre dann (über § 331 Nr. 1–2 HGB hinaus) auch das Vertrauen in die subjektive Redlichkeit von Unternehmensverantwortlichen. Eine solche Auslegung, die faktisch auf eine Pönalisierung des hier sonst straflosen (untauglichen) Versuchs hinausliefe, wäre jedoch mit der Systematik der Vorschrift und vergleichbarer Delikte (§§ 153 ff. StGB) kaum vereinbar. Wie bei den anderen Varianten ist die Strafbarkeit auf erhebliche Verstöße beschränkt (vgl. Tz. 36). Eine Ausweitung der Strafbarkeit auf unwesentliche Verstöße wäre zwar eine Möglichkeit, § 331 Nr. 3a HGB einen eigenen Anwendungsbereich zu eröffnen (vgl. Tz. 57), unter Strafwürdigkeitsgesichtspunkten und mit Blick auf das zugrunde liegende Europarecht erscheint dies jedoch nicht sachgerecht.
Tz. 60
Die bloße Nichtabgabe der Versicherung steht nicht unter Strafe und kann auch nicht mittels Ordnungsgeld (vgl. Tz. 214 zu § 335 HGB) durchgesetzt werden. Sie kann aber u. U. als Ordnungswidrigkeit gem. § 39 Abs. 2 Nr. 24 WpHG geahndet werden. Seit dem 26.11.2015 gilt dies auch für den Konzernabschluss, da die Fehlverweisung im insoweit blankettausfüllenden § 37y Nr. 1 WpHG inzwischen korrigiert wurde (§ 297 Abs. 2 Satz 4 statt Satz 3 HGB). Die Ahndung von Altfällen ist aber ausgeschlossen; eine Umdeutung verstieße gegen das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG).
Tz. 61
Hinsichtlich der Vollendung vgl. Tz. 39.