Prof. Dr. Frank Peter Schuster
Tz. 4
Die §§ 331 ff. HGB gehen auf verschiedene europäische Harmonisierungsmaßnahmen zurück. Als Umsetzung der vierten, siebten und achten EG-RL zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts wurden sie durch das BiRiLiG v. 19.12.1985 im dritten Buch des HGB zusammenfassend geregelt. Die bisherigen spezialgesetzlichen Strafvorschriften (vgl. Tz. 3) wurden dabei ersetzt bzw. überlagert. Neu waren die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 334 HGB, die Verstöße gegen einzelne Rechnungslegungsnormen ahnden. § 335 HGB wurde zunächst als Zwangsgeldvorschrift ausgestaltet, mit dem Ziel die Erfüllung bilanzrechtlicher Vorschriften durch eine solche Beugemaßnahme zu erzwingen.
Tz. 5
Die §§ 331 ff. HGB erfuhren danach zahlreiche Änderungen und Erweiterungen, etwa auf bestimmte Gesellschafts- und Unternehmensformen durch das BankBiRiLiG v. 30.11.1990 (§ 340m HGB), das KWG-ÄndG v. 21.12.1992 (Erweiterung von §§ 331 Nr. 1, 2, 332 Abs. 1 HGB um den Zwischen- und Konzernabschluss), das VersRiLiG v. 24.06.1994 (§ 341 m HGB), das KapCoRiLiG v. 24.02.2000 (§ 335b HGB) oder, zwecks Anpassung an internationale Bedürfnisse, etwa durch das BilReG v. 04.12.2004 (Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards, § 331 Nr. 1a HGB). In jüngerer Zeit wurde durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG), als Reaktion auf den Enron-Skandal in den USA, in Anlehnung an den Sarbanes-Oxley-Act 2002 in § 331 Nr. 3a HGB ein oft als "Bilanzeid" bezeichneter Tatbestand geschaffen. Das Zwangsgeldverfahren wurde durch das EHUG v. 10.11.2006, im Wege dessen auch das Registerwesen umfassend reformiert wurde, in ein Ordnungsgeldverfahren umgewandelt (vgl. Tz. 209); dieses hat durch Gesetz Zur Änderung des Handelsgesetzbuches v. 04.10.2013 abermals Änderungen erfahren. Weiterhin wurde das Rechnungslegungsstrafrecht durch außerstrafrechtliche Gesetzesänderungen (zur Verweisungstechnik allgemein vgl. Tz. 17 ff. zu § 331 HGB) beeinflusst, etwa durch das BilMoG v. 27.05.2009, indem das HGB-Bilanzrecht weiter an internationale Standards angepasst wurde.
Tz. 6
Jüngst wurden die Höchstbeträge für Ordnungsgelder bei kapitalmarktorientierten Unternehmen erheblich erhöht, zunächst im Wege des Kleinanlegerschutzgesetzes v. 03.07.2015 auf 250.000 EUR, dann mit dem Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie v. 20.11.2015 entweder auf 10 Mio. EUR, 5 % des Jahresgesamtumsatzes (mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht unbedenklich) oder den zweifachen Wert des wirtschaftlichen Vorteils, der aus der versäumten Offenlegung gezogen wurde, je nachdem welcher Wert höher ausfällt. Durch das BilRUG v. 17.07.2015 (Übergangsvorschriften in Art. 75 EGHGB) wurden die Vorgaben der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU umgesetzt: U. a. durch Anhebung der Schwellenwerte erfolgte eine Entlastung kleinerer Unternehmen. §§ 334 HGB und die branchenspezifischen §§ 340n, 341n HGB wurden zudem an mehreren Stellen angepasst, die §§ 341x, 341y HGB neu eingefügt. Mit dem AbschlussprüferreformG (AReG) vom 10.05.2016 wurden schließlich die prüfungsbezogenen Vorschriften der EU-Abschlussprüfungs-RL 2006/43/EG, in der durch die RL 2014/56/EU v. 16.04.2014 überarbeiteten Fassung, mit den neuen §§ 333a, 334 Abs. 2a HGB umgesetzt sowie das deutsche Recht an die entsprechenden Vorgaben der EU-Abschlussprüfungs-VO 537/2014/EU v. 16.04.2014 angepasst.