Prof. Dr. Heribert Anzinger, Prof. Dr. Nadine Antonakopoulos
Tz. 84
Mit der Jahresabschlussrichtlinie 2013/34/EU v. 26.06.2013 ist die Richtlinie 78/660/EWG v. 25.07.1978 aufgehoben worden (Art. 52). Sie war bis zum 20.07.2015 in nationales Recht, spätestens mit Wirkung für alle Wj. die nach dem 31.12.2015 beginnen, umzusetzen (Art. 53).
Die Allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätze der Richtlinie für den Einzelabschluss blieben dabei aus deutscher Perspektive materiell unverändert, erfuhren aber teilweise andere Akzentuierungen. Die Bewertungsregeln des Art. 31 Abs. 1 Jahresabschlussrichtlinie sind zwar reformuliert, aber ebenso wie das Verrechnungsverbot des Art. 7 inhaltlich unverändert in Art. 6 Abs. 1 lit. a)–g) der Jahresabschlussrichtlinie 2013 überführt worden.
Aufgewertet wurde im Text der Richtlinie der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Während Art. 4 Abs. 6 der Jahresabschlussrichtlinie 1978 den Mitgliedstaaten nur das Recht einräumte, in den nationalen Vorschriften zu gestatten oder vorzuschreiben, den Ausweis in Bilanz und GuV nach dem wirtschaftlichen Gehalt vorzunehmen (Opt-in-Regelung), schreibt Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Jahresabschlussrichtlinie 2013 dies als Grundsatz vor und gewährt in Art. 6 Abs. 3 ein Mitgliedstaatenwahlrecht, bestimmte Unternehmen von der Geltung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszunehmen (Opt-out-Regelung). Kodifiziert wurde für den Einzelabschluss erstmals auch der Wesentlichkeitsgrundsatz in Art. 6 Abs. 1 lit. j) der Jahresabschlussrichtlinie 2013 verbunden mit einem Mitgliedstaatenwahlrecht in Art. 6 Abs. 4, dessen Anwendung auf Darstellung und Offenlegung zu begrenzen.
Mit dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) v. 17.07.2015 ist der deutsche Gesetzgeber seiner Umsetzungsverpflichtung rechtzeitig nachgekommen. Bezogen auf die Allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätze ist allein der im Gesetzgebungsverfahren hervorgehobene Zweck der "eins zu eins"-Umsetzung der Richtlinie zum Tragen gekommen. Dabei sind die Bundesregierung und der Rechtsausschuss des Bundestages davon ausgegangen, dass die in der Richtlinie neu akzentuierten Grundsätze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und der Wesentlichkeit bereits richtlinienkonformer Bestandteil der deutschen GoB sind und daher keiner gesonderten Umsetzung oder Beschränkung bedürfen. Die Allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätze in den §§ 243 und 264 Abs. 2 HGB sind durch das BilRuG unverändert geblieben.