Tz. 414
Abs. 2 Satz 1 räumt ein Wahlrecht ein, originäre immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zu aktivieren, und bestimmt damit eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB. Im Gegensatz zu materiellen müssen immaterielle Vermögensgegenstände nicht aktiviert werden. Voraussetzung ist zunächst zwingend, dass der betreffende Vermögenswert einen Vermögensgegenstanddarstellt (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Andernfalls muss ein Ansatz zwingend unterbleiben.[427] Originäre Immaterialgüter des Umlaufvermögens sind nicht von § 248 Abs. 2 HGB erfasst und daher zu aktivieren. Das betrifft vor allem Software-Unternehmen.
Tz. 415
Ein Ansatz kann unterbleiben, wenn der Vermögensgegenstand immateriell ist. Immateriell bedeutet fehlende Körperlichkeit.[428] Nach diesem Verständnis wären auch Finanzanlagevermögen erfasst, insbesondere Forderungen. Diese Auslegung ist vom Gesetzgeber indes nicht intendiert. Das lässt sich zum einen aus der Differenzierung in § 266 Abs. 2 HGB folgern. Zum anderen sind die spezifischen Gefahren für die Gewinnrealisierung, die eine Sonderbehandlung, insbes. die Gewinnausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 HGB rechtfertigen, bei diesen Gütern nicht erfüllt. Immaterialgüter des Anlagevermögens i. S. d. § 248 Abs. 2 HGB sind deshalb nur unkörperliche Vermögensgegenstände, die keine Finanzwerte sind.[429]
Tz. 416
Die Immaterialgüter müssen selbst geschaffen sein. Dafür ist von (großer) indizieller Bedeutung, nicht aber zwingend Voraussetzung,[430] dass sie nicht entgeltlich erworben wurden. Auch unentgeltlich (durch Schenkung, Tausch) erworbene Immaterialgüter unterliegen grundsätzlich dem Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB und sind von der Ausnahme des Abs. 2 nicht erfasst.[431] Entscheidend ist, dass kein abgeleiteter, sondern originärer Erwerb vorliegt. Das ist jedenfalls der Fall, wenn das Immaterialgut allein durch die Aufwendung von Herstellungskosten und nicht von Anschaffungskosten in die gebrauchsfertige Form versetzt wurde. Aufgrund der Einbeziehung von Inbetriebnahmekosten in die AK bereitet die Abgrenzung im Falle von Anlagevermögen Schwierigkeiten (§ 255 HGB, vgl. Kapitel 6 Tz. 670).[432] Ob der Erwerbsvorgang ein Verkehrsgeschäft darstellt, ist für die Ansatzfähigkeit unerheblich.[433] Bei Geschäften mit nahestehenden Personen und Unternehmen, insbes. verbundenen Unternehmen, ist das Problem evtl. fehlender objektiver Preisbildung auf der Bewertungsebene durch Kontrolle der AK zu lösen. Fehlt jede Gegenleistung (Schenkung, kostenloser Erwerb einer Nutzungserlaubnis[434]) liegt gleichwohl kein originärer Erwerb vor, wenn die Verfügungsmacht über den Vermögensgegenstand durch einen Wechsel des Zurechnungsobjektes, also von einem Dritten, in das Vermögen des Bilanzierenden gelangt ist.[435]
Dieser Inhalt ist unter anderem im Merkt, Rechnungslegung nach HGB und IFRS (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?
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