Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 396
Wie im Handelsbilanzrecht ist die Zuordnung der Vermögenswerte von der beabsichtigten Verwendung der Vermögenswerte und damit von einem subjektiven Element abhängig. Maßgeblich ist die erwartete Verwendungsdauer im Unternehmen im Verhältnis zum Geschäftszyklus.
Gemischt kurz- und langfristige finanzielle Vermögenswerte sind aufzuteilen (vgl. IAS 1.68 Satz 4 a. E.). Das gilt nicht für immaterielle Vermögenswerte und Sachanlagen. Diese Vermögenswerte werden auch dann nicht umgegliedert, wenn ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer innerhalb der auf den Bilanzstichtag folgenden zwölf Monate endet. Langfristige finanzielle Vermögenswerte sind dagegen anteilig in kurzfristige finanzielle Vermögenswerte umzugliedern, soweit sie voraussichtlich innerhalb der auf den Bilanzstichtag folgenden zwölf Monate realisiert werden.
Für die Umgliederung von langfristigen in kurzfristige Vermögenswerte bei einer Verwendungsänderung geht zunächst IFRS 5 den Regelungen in IAS 1.66 ff. vor (vgl. IFRS 5.3). Nach IFRS 5.6 setzt die Umgliederung voraus, dass der Vermögenswert nicht mehr durch Nutzung, sondern durch Veräußerung Zahlungsmittelzuflüsse erwarten lässt. Das ist nicht der Fall, wenn eine Stilllegung oder die Verschrottung beabsichtigt ist. Nach DRSC Interpretation (IFRS) 1.19 sollen Vermögenswerte, die gem. IFRS 5 zur Veräußerung bestimmt sind unter der Bezeichnung "zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und Veräußerungsgruppen" oder eine ähnlichen IFRS-konformen Bezeichnung als letzter Posten unter den kurzfristigen Vermögenswerten ausgewiesen werden. Das setzt voraus, dass sie den kurzfristigen Vermögenswerten zuzuordnen sind. Für vermietete Sachanlagen enthält IAS 16.68A eine vorrangige Regelung. Endet die Vermietung und sollen die Vermögenswerte verkauft werden, sind diese umzugliedern und in den Vorräten auszuweisen.
Tz. 397
IAS 1.69 Satz 1 definiert kurzfristige Schulden ebenfalls in Regelbeispielen. Kurzfristige Schulden sind nach IAS 1.69
- Schulden deren Erfüllung innerhalb des normalen Geschäftszyklus oder innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag beabsichtigt ist
- Schulden die zu Handelszwecken übernommen wurden
- Schulden die voraussichtlich innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag erfüllt werden müssen, weil das Unternehmen kein uneingeschränktes Recht hat, die Erfüllung der Schuld um mindestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag zu verschieben
Nach IAS 1.70 Satz 3 ist für die Einteilung der Schulden derselbe Geschäftszyklus zugrunde zu legen, der zur Abgrenzung kurz- und langfristiger Vermögenswerte verwendet wird. Auf die ursprüngliche Laufzeit einer Schuld kommt es nach IAS 1.72 nicht an. Eine Schuld ist auch dann kurzfristig, wenn ihr ein langfristiger Darlehensvertrag zugrunde liegt, die Rückzahlung aber innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag fällig wird (vgl. IAS 1.72).
BEISPIEL
Kurzfristige Schulden
- Schulden für Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie Rückstellungen für personalbezogene Aufwendungen und andere betriebliche Aufwendungen, selbst dann, wenn sie später als zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag fällig werden (vgl. IAS 1.70 Satz 2)
- Finanzielle Verbindlichkeiten, die gem. IAS 39 (IFRS 9) als zu Handelszwecken gehalten eingestuft werden
- Kontokorrentkredite
- Kurzfristige Teile langfristiger finanzieller Verbindlichkeiten
- Dividendenverbindlichkeiten
- Ertragsteuern
- Nicht handelbare Verbindlichkeiten (vgl. IAS 1.71 Satz 2)
Langfristige Schulden sind nach der Negativdefinition in IAS 1.69 Satz 2 solche, die nicht unter eines der Regelbeispiele des Satz 1 subsumiert werden können.
Schulden, die sich in kurz- und langfristige Zahlungsverpflichtungen aufteilen lassen, sind aufzuteilen. Für Leasingverbindlichkeiten regelt dies IAS 17.23. Eine Ausnahme regelt IAS 19.133. Pensionsrückstellungen müssen nicht in eine kurz- und eine langfristige Komponente aufgeteilt werden. Nach DRSC Interpretation (IFRS) 1.32 sollen sie insgesamt bei den langfristigen Schulden ausgewiesen werden.
Der Anteil der langfristigen Schulden, der in den zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag planmäßig getilgt werden muss oder soll (Tilgung im folgenden Geschäftsjahr), ist anteilig in die kurzfristigen Schulden umzugliedern. Das gilt insbes. auch für Darlehensverbindlichkeiten, die im Jahr nach dem Bilanzstichtag insgesamt planmäßig durch Kündigung bis zum Bilanzstichtag oder durch eine vor dem Bilanzstichtag eingetretene aufschiebenden Bedingung fällig werden, wenn bis zum Bilanzstichtag kein Aufschub der Fälligkeit für wenigstens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag gewährt worden ist.
Tz. 398
Die Zuordnung zu den kurz- oder langfristigen Schulden bestimmt sich ausschließlich nach den Verhältnissen am Abschlussstichtag.
Wird eine langfristige Schuld innerhalb von zwölf Monaten nach dem Abschlussstichtag fällig, ist diese auch dann bei den kurzfristigen Verbindlichkeiten auszuweise...