Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 31
Zivilrechtlich sind Gebäude grundsätzlich Eigentum des Grundstückseigentümers; das Gebäude verliert durch die Verbindung mit dem Grundstück seine Sonderrechtsfähigkeit (§§ 94, 946 HGB). Problematisch ist jedoch, dass beide Elemente unterschiedlichen Nutzungsdauern unterliegen: Bilanzrechtlich gehören Gebäude zu den abnutzbaren, Grundstücke hingegen zu den nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen. Der Einzelbewertungsgrundsatz (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) und § 266 Abs. 2 A. II. Nr. 1 HGB, der für die Gliederung der Bilanz Grundstücke und Bauten gesondert benennt, sowie das häufige Auseinanderfallen von wirtschaftlicher Nutzungs- und rechtlicher Eigentumsposition (Pacht, Miete) sprechen daher auch dann für einen gesonderten Ansatz von Grundstück und Gebäude, wenn beides zivilrechtlich eine Einheit bildet. Bei Bauten auf fremdem Boden gilt dies ebenfalls, gleichgültig, ob die Sonderrechtsfähigkeit der Gebäude verloren geht oder mit rechtlichen Mitteln (Erbbaurecht, WEG etc.) erhalten bleibt.
Tz. 32
Die Steuerrechtsprechung lässt teilweise von der zivilrechtlichen Beurteilung verschiedene Aufteilungen zu. Die steuerrechtliche Aufspaltung beruht vor allem darauf, dass für Gewerbe- und Grundsteuer unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen vorliegen, die sich nach der Nutzbarkeit des steuerlich zu erfassenden Gegenstandes richten. Das Handelsrecht kennt entsprechende Vorgaben nicht, die auf die konkrete Nutzbarkeit für den Betrieb abstellen. Als steuerrechtlich motivierte Spezialvorschriften sind sie handelsrechtlich daher nicht zwingend nachzuvollziehen.
BEISPIEL
Aus der Steuerrechtsprechung
- Wird ein einzelnes zivilrechtliches Grundstück zum Teil zu privaten Zwecken (als Garten) und zum Teil betrieblich (als Lagerplatz) genutzt, liegen bei gewisser räumlicher Trennung der unterschiedlich genutzten Flächen zwei Wirtschaftsgüter vor.
- Bodenschätze wie Kies- und Sandvorkommen sind selbständiger Vermögensgegenstand, sobald sie entdeckt und in Verkehr gebracht sind; das ist der Fall, wenn mit der Aufschließung bereits begonnen wurde oder mit ihr alsbald gerechnet werden kann. Die Erteilung einer Genehmigung zum Abbau ist nicht erforderlich, wenn das Grundstück veräußert und für den Bodenschatz der Kaufpreis gesondert berechnet wird.
Tz. 33
Verlieren Gegenstände ihre Sonderrechtsfähigkeit (§§ 946 ff. BGB), so ist die neu entstandene Einheit der handelsrechtlich zu bilanzierende Vermögensgegenstand. Eine Aufteilung nach unterschiedlicher Nutzbarkeit scheidet hier entgegen steuerrechtlicher Rechtsprechung i. d. R. aus, weil mit der fehlenden Sonderrechtsfähigkeit meistens eine selbständige Verwertbarkeit (s. o.) nicht mehr gegeben ist. Die steuerrechtliche Aufspaltung beruht vor allem darauf, dass für Gewerbe- und Grundsteuer unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen vorliegen, die sich nach der Nutzbarkeit richten; als steuerrechtliche Spezialvorschrift ist sie handelsrechtlich nicht zwingend nachzuvollziehen.