Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 283
Der Standard IAS 17 unterscheidet zwischen zwei Arten von Leasingverhältnissen, dem Finanzierungsleasing und dem Operate-Leasing. Während das rechtliche Eigentum typischerweise beim Leasinggeber verbleibt, hängt die Identifizierung als Finanzierungs- oder Operate-Leasing davon ab, ob dem Leasingnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem Leasinggegenstand zuzurechnen ist. Bei der Frage nach der Klassifikation einer Leasingvereinbarung wird die Sicht des Leasingnehmers eingenommen. Ausschlaggebend ist vor diesem Hintergrund, in welchem Umfang die mit dem Leasinggegenstand verbundenen Risiken und Chancen vom Leasinggeber oder vom Leasingnehmer getragen werden. Gemäß IAS 17.8 wird ein Leasingverhältnis als Finanzierungsleasing eingestuft, wenn im Wesentlichen alle eigentümertypischen Risiken und Chancen auf den Leasingnehmer übertragen werden. Hingegen wird ein Leasingverhältnis als Operate-Leasingverhältnis eingestuft, wenn die wesentlichen Risiken und Chancen, die mit dem Eigentum verbunden sind, beim Leasinggeber verbleiben.
Tz. 284
Zu Beginn eines Leasingverhältnisses (inception of a lease), d. h. frühestens wenn sich die Vertragsparteien über die wesentlichen Bestimmungen der Leasingvereinbarung geeinigt haben und spätestens bei Vertragsabschluss, wird das Leasingverhältnis klassifiziert. Es wird festgehalten, wer über die Nutzungsdauer über den Leasinggegenstand herrscht und bzw. oder dessen Amortisation trägt. Der Zeitpunkt des Beginns des Leasingverhältnisses ist von dem Beginn der Laufzeit eines Leasingverhältnisses zu unterscheiden. Beide Zeitpunkte können zwar zusammenfallen, müssen dies aber nicht zwangsläufig. Erst mit Beginn der tatsächlichen Nutzung des Leasinggegenstands (commencement of the lease) wird dieser auch bilanziell erstmalig, je nach Klassifizierung, erfasst. Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen werden ab diesem Tag zum ersten Mal in den Bilanzen und der GuV von Leasingnehmer und/oder Leasinggeber erfasst.
Tz. 285
Zahlungen, die bereits vor der Nutzung bis zum Nutzungsbeginn durch den Leasingnehmer zu leisten sind, werden bei bereits erfolgtem Vertragsabschluss bei den Vertragsparteien erfasst: Bei einer Einstufung als Finanzierungsleasing werden Zahlungen des Leasingnehmers bei diesem als geleistete Anzahlungen Berücksichtigung finden, während sie beim Operate-Lease nach SIC 15.3 abzugrenzen sind und über die tatsächliche Nutzungsdauer verteilt werden. Der Leasinggeber erfasst die Zahlungen beim Finanzierungsleasing spiegelbildlich als erhaltene Anzahlungen. Beim Operate-Leasing sind die Zahlungen des Leasingnehmers beim Leasinggeber ebenfalls nach SIC 15.4 abzugrenzen und über die tatsächliche Nutzungsdauer zu verteilen. Für diese Verteilung ist der Beginn der Vertragslaufzeit des Leasingverhältnisses von Bedeutung. Erst wenn der Leasingnehmer die Möglichkeit hat den Leasinggegenstand auch tatsächlich zu nutzen, beginnt die Vertragslaufzeit. Dieser Zeitpunkt (commencement of the lease) unterscheidet sich somit maßgeblich von dem Zeitpunkt, in dem die Vereinbarung über das Leasingverhältnis getroffen wird (inception of a lease).
Tz. 286
Die Laufzeit eines Leasingverhältnisses beginnt ab dem Tag, an dem der Leasingnehmer den Anspruch auf Nutzung des Leasinggegenstands innehat. Dieser Tag fällt mit dem erstmaligen Ansatz des Leasingverhältnisses zusammen. Gemäß IAS 17.4 umfasst die Laufzeit des Leasingverhältnisses eine unkündbare Mietzeit. Dies ist der Zeitraum über den sich der Leasingnehmer vertraglich verpflichtet hat, den Leasinggegenstand zu mieten. Darüber hinaus kann sich die bereits im Leasingvertrag geregelte Grundmietzeit um eine ebenfalls vertraglich vorgesehene Verlängerungsoption erweitern. Die Inanspruchnahme der Option durch den Leasingnehmer muss aber mit hinreichender Sicherheit erfolgen, damit der Zeitraum in die Kalkulationsbasis für die Vertragslaufzeit einfließt. Zudem kann sich in wirtschaftlicher Betrachtung faktisch durch Vertragsstrafen ein Verlängerungszwang aus Sicht des Leasingnehmers ergeben. Auch dem Leasinggeber kann eine Verlängerungsoption eingeräumt werden.
Tz. 287
Ein einmal klassifiziertes Leasingverhältnis kann lediglich durch eine wesentliche Vertragsänderung oder durch den Abschluss eines neuen Leasingvertrags bzw. die Verlängerung eines Leasingvertrags umklassifiziert werden. In den genannten Fällen wird, mit Ausnahme der Vertragsverlängerung, eine von der erstmaligen Einstufung losgelöste Neubeurteilung des Leasingverhältnisses vorgenommen. Bei Vertragsverlängerung unterbleibt die Neubeurteilung. Es wird auf der alten Beurteilung aufgesetzt, die bereits die Verlängerungsoption vorgesehen hatte. Im Normalfall wird ein Leasingverhältnis zu Beginn in Abhängigkeit von den übertragenen Chancen und Risiken, als Finanzierungs- oder Operate-Leasing qualifiziert. Die Qualifikation trägt i. d. R. bis zum vereinbarten Ende des Vertrages.
Tz. 288
Während die Ausbuchung von Leasingverbindlichkeiten den Regelungen nach IAS 39 ...