Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 665
Die Grundproblematik des Ansatzes regulatorischer Abgrenzungsposten in preisregulierten Branchen lässt sich anhand des nachfolgenden Beispiels verdeutlichen:
BEISPIEL
Regulatorische Abgrenzungsposten in preisregulierten Branchen
Bei der XY-AG handelt es sich um einen Stromlieferant, welcher der Regulierung unterworfen ist. Durch Unwetter sind Hochspannungsleitungen zerstört worden, die außerordentlich hohe Instandhaltungsaufwendungen erfordern. Diese Aufwendungen sind nach allgemeinen Grundsätzen als Aufwand zu verbuchen. Um die außerordentlich hohen Kosten amortisieren zu können, gestattet die Regulierungsbehörde für einen befristeten Zeitraum Preiserhöhungen auf Stromlieferungen.
Gemäß ED/2009/8 "Rate-regulated Activities" sollte hieraus ein Vermögenswert entstehen, der dem erwarteten Gegenwartswert der gestatteten Preiserhöhung bzw. des Zusatzbetrags entspricht. Der Vermögenswert sollte unabhängig davon entstehen, ob die Ersetzung der Hochspannungsleitungen (wie erwartet) als laufender Aufwand oder die Zerstörung der Leitungen als Abgang und die Neuerrichtung als Zugang behandelt werden.
Im Vordergrund stehen die sog. Abgrenzungsposten (deferral accounts), welche aus dem Zeitversatz zwischen den an die Abnehmer bzw. Kunden berechneten Leistungen auf der einen Seite und der sich anschließenden Preisregulierung durch die entsprechende Behörde auf der anderen Seite resultieren. Während im ED/2009/8 "Rate-regulated Activities" in diesem Kontext noch von „assets” die Rede war, umgeht IFRS 14 diesen Streitpunkt durch die eingeräumte Möglichkeit zur Fortführung der previous GAAP.
Tz. 666
Damit die in den jeweiligen previous GAAP angewendeten Bilanzierungsvorschriften fortgeführt werden können, ist eine entsprechende Öffnungsklausel notwendig. Dies vollzieht der Standardsetzer in technischer Hinsicht im Rahmen des IFRS 14.9, durch den die bilanzierenden Unternehmen von der Anwendung des IAS 8.11 befreit werden. Im Hinblick auf die Normenhierarchie des IAS 8.10–.12 ist somit eine unmittelbare Bezugnahme auf die bisher angewandten previous GAAP möglich. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, ob die im IFRS-Rahmenkonzept enthaltenen Definitionskriterien von Vermögenswerten bzw. Schulden erfüllt werden.
Tz. 667
Gemäß IFRS 14.11 bezieht sich die Möglichkeit zur Fortführung der bisher nach den previous GAAP angewandten Bilanzierungsmethoden auf alle Ansatz- und Bewertungsvorschriften. Hierzu zählen auch die Vorschriften zu Ausbuchung und außerplanmäßiger Abschreibung der regulatorischen Abgrenzungsposten. Ausgenommen hiervon sind jedoch Fragen zum Ausweis, für die IFRS 14 separate Vorschriften enthält (vgl. Tz. 640). Hier kann es insofern zu Unterschieden mit den previous GAAP kommen.
Tz. 668
Wurde die Bilanzierungsmethode aus den previous GAAP übernommen, so ist diese gemäß IFRS 14.12 auch in den Folgeperioden beizubehalten. Soll eine Änderung der Bilanzierung regulierungsbedingter Abgrenzungsposten im Zeitpunkt des Übergangs auf die IFRS bzw. in Folgeperioden vorgenommen werden, ist dies nach IFRS 14.13 nur zulässig, sofern dies zu verlässlicheren Informationen bei zugleich unverminderter Relevanz bzw. zu relevanteren Informationen bei zugleich unverminderter Verlässlichkeit führt.