Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 307
Auch im Rahmen eines Immobilienleasings steht das Konzept des wirtschaftlichen Eigentums und somit die Frage, ob gemäß IAS 17.7 ff. wesentliche Risiken und Chancen auf den Leasingnehmer übergehen oder beim Leasinggeber verbleiben, im Vordergrund. Besonderheiten ergeben sich aber in Bezug auf die unbegrenzte wirtschaftliche Nutzungsdauer von Grundstücken. Wird zwischen den Leasingparteien der rechtliche Eigentumsübergang am Ende der Vertragslaufzeit beschlossen oder besteht eine günstige Kaufoption, ist von einem Übergang der wesentlichen Risiken und Chancen auf den Leasingnehmer auszugehen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang zwangsläufig die Frage, ob dann in allen anderen Fällen, aufgrund der unbegrenzten wirtschaftlichen Nutzungsdauer, bei einem Immobilienleasing von einem operating lease ausgegangen werden muss. In IAS 17.15 A wird deutlich, dass auch wenn nach der Vertragslaufzeit, bspw. im Zuge der voraussichtlichen Ausübung einer günstigen Kaufoption, das Leasingobjekt nicht in den rechtlichen Besitz des Leasingnehmers übergeht, dennoch die Möglichkeit besteht das Immobilienleasing als ein finance lease zu klassifizieren. Zwar spielt die unbegrenzte wirtschaftliche Nutzungsdauer vor dem Hintergrund dieser speziellen Leasingbeziehungen eine entscheidende Rolle, ausschlaggebend ist aber zusätzlich die wirtschaftliche Substanz des Leasingvertrags. Sollte vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Betrachtung der Leasingnehmer in die Lage eines wirtschaftlichen Käufers versetzt werden, bspw. indem er den Leasinggegenstand jahrzehntelang mietet, besteht die Möglichkeit ein Leasingverhältnis als Finanzierungsleasing einzustufen.
Tz. 308
Zu beachten ist außerdem die getrennte Betrachtung von Grundstücken mit aufstehenden Gebäuden. Dabei muss die Einstufung als finance- oder operating lease für Grund und Boden bzw. für ein zugehöriges Gebäude separat erfolgen (IAS 17.15 A). Infolgedessen finden die in IAS 17.10 genannten Klassifizierungskriterien sowie die in IAS 17.11 verankerten Zusatzindikatoren jeweils eine separate Anwendung und anschließende Beurteilung auf das Grundstück bzw. die Immobilie. Bei der Beurteilung der Zuordnungskriterien besteht somit die Möglichkeit, dass Grund und Boden im wirtschaftlichen Eigentum des Leasinggebers verbleiben, während das aufstehende Gebäude dem Leasingnehmer zugerechnet wird.
Tz. 309
Eine Ausnahme von der getrennten Betrachtung liegt vor, wenn im Falle eines bebauten Grundstücks entweder das Grundstück oder das Gebäude im Gegensatz zur anderen jeweiligen Komponente unwesentlich ist. Vertretbar ist in diesem Fall die einheitliche Klassifizierung von Grund und Boden sowie dem aufstehenden Gebäude.
Tz. 310
Fällt die Einstufung im Rahmen der Beurteilung über ein Leasingverhältnis im Falle eines bebauten Grundstücks auseinander, sind die Mindestleasingzahlungen ebenfalls sachgerecht aufzuteilen. Die Aufteilung der Leasingraten ist in IAS 17.16 geregelt. Sie erfolgt nicht nach den jeweils auf Grundstück und Gebäude entfallenden Zeitwerten (IAS 17.BC9 ff.). Begründet wird die Unzulässigkeit dieser Aufteilung durch die unterschiedliche wirtschaftliche Nutzungsdauer der beiden Komponenten. Gebäude zeichnen sich bedingt durch ihren physischen Alterungsprozess nicht durch eine unbegrenzte Nutzungsdauer wie Grund und Boden aus. Vielmehr orientiert sie sich an dem beizulegenden Zeitwert für den Mietwert (relative fair value of the leasehold interest) der jeweiligen Komponente zu Beginn des Leasingverhältnisses. Aus der Perspektive des Leasinggebers müssen bei der Bestimmung des Mietwertes folgende Faktoren Berücksichtigung finden:
- Eine angemessene Verzinsung der getätigten Investition in die Leasingkomponenten, d. h. sowohl für Grund und Boden als auch für das Gebäude
- Einen Ausgleich für den Wertverzehr/die Abnutzung des Gebäudes
Der beizulegende Zeitwert des Mietwerts dient hier nur als Aufteilungsmaßstab und nicht als Bewertungsmaßstab.
Tz. 311
Unter folgenden Umständen ist von der getrennten Betrachtung von Grund und Boden sowie Gebäuden und somit auch von der Aufteilung der Leasingraten abzusehen:
- Eine verlässliche Aufteilung der Leasingraten auf die beiden Komponenten ist nicht möglich. Wird in diesem Fall das Grundstück in Gänze im Rahmen eines finance lease dem Leasingnehmer zugeordnet, so wird auch das Gebäude dem Leasingnehmer zugerechnet.
- Ist hingegen der Wert des Grund und Bodens eher als unwesentlich einzustufen, richtet sich in der Folge die Zuordnung des bebauten Grundstücks insgesamt nach der entsprechenden Klassifizierung des Gebäudes als finance oder operating lease.
Eine Konkretisierung, wann der Wert von Grund und Boden eher von untergeordneter Bedeutung ist, gibt IAS 17 nicht vor. Die US-GAAP-Regelungen sehen die Grenze bei 25 % des beizulegenden Zeitwerts des Grundstücks zum Gesamtwert des bebauten Grundstücks.
Tz. 312
Renditeimmobilien werden als Finanzinvestition zur Kapitalanlage gehalten. Sie dienen gem. IAS 40.8 zur Erzielung von...