Dr. Thilo Schülke, Steve Scheffel
Tz. 257
Die IFRS differenzieren bei der bilanziellen Behandlung von Immobilien danach, wie diese im Unternehmen genutzt werden. So werden beispielsweise Immobilien, die zum Verkauf im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gehalten oder erstellt werden, als Vorräte i. S. d. IAS 2 behandelt, für Dritte erstellte/entwickelte und im Bau befindliche Immobilien i. S. e. langfristigen Fertigungsauftrags gem. IAS 11 als forderungsähnlicher Aktivposten. Wird eine Immobilie vom Eigentümer selbst genutzt (owner-occupied), d. h. zur Herstellung oder Lieferung von Gütern bzw. der Erbringung von Dienstleistungen oder für Verwaltungszwecke gehalten, unterliegt sie als Sachanlage den Regelungen des IAS 16. Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien (investment property) sind dagegen Immobilien, die vom Eigentümer als Renditeobjekte zur Erzielung von Mieteinnahmen und/oder zum Zwecke der Wertsteigerung gehalten werden (IAS 40.5). Synonym hierfür werden oft die Begriffe der Anlage- oder Renditeimmobilien verwendet.
Tz. 258
Das IASB bevorzugt bei der Bewertung von Finanzanlagen seit jeher den Zeitwertansatz (fair value). Damit soll dem Adressaten ein realistischeres Bild des Beitrags der Finanzanlage zum Unternehmenserfolg vermittelt werden. Bei nichtfinanziellen Vermögenswerten (non-financial assets) wie Anlageimmobilien kann sich die Zeitwertermittlung aufgrund fehlender oder nicht verlässlicher Marktpreise jedoch als problematisch erweisen. Daher gewährt das IASB bei der Folgebewertung von Anlageimmobilien ein Bewertungswahlrecht zur Verwendung des Anschaffungskostenmodells (cost model) oder des Modells des beizulegenden Zeitwerts (fair value model). Bei der Bewertung mit dem Modell des beizulegenden Zeitwerts werden die Immobilien mit ihrem Zeitwert zum Bilanzstichtag ausgewiesen, Zeitwertänderungen zum Vorjahr werden GuV-wirksam erfasst – stets in dem Bewusstsein der damit verbundenen Volatilität des Periodenergebnisses. Die Präferenz für die Zeitwertbilanzierung zeigt sich zudem bei den Anhangangaben. So ist auch bei Anwendung des Anschaffungskostenmodells der Zeitwert einer Anlageimmobilie im Anhang anzugeben ist.
Tz. 259
In Deutschland ist IAS 40 insbesondere für REIT (Real Estate Investment Trust)-Gesellschaften von Bedeutung. Mit dem Gesetz über deutsche Immobilien-AG mit börsennotierten Anteilen (REITG) aus dem Jahre 2007 sollen einem breiten Investorenkreis verbesserte Anlagemöglichkeiten im Immobiliensektor über das Vehikel der REIT-AG zur Verfügung gestellt werden. Die REIT-AG ist eine Sonderform der börsennotierten AG, deren primärer Geschäftszweck darin besteht Immobilien zur Erzielung von Renditen zu erwerben, zu halten, zu verwalten (also zu verpachten/vermieten/verleasen) und zu veräußern (§ 1 REITG). Die Besonderheit dieser Unternehmensform liegt in der Steuerbefreiung auf Ebene des Unternehmens. Die Besteuerung erfolgt ausschließlich beim Anleger, die REIT-AG selbst ist von der Körperschaft- wie auch von der Gewerbesteuer befreit. Um trotzdem eine zeitnahe Besteuerung zu gewährleisten, regelt § 13 REITG eine Mindestausschüttung von 90 % des (korrigierten) handelsrechtlichen Jahresüberschusses. Um als REIT-AG firmieren zu können, muss die Gesellschaft jedoch verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Hierzu zählen neben der bereits aufgeführten Mindestausschüttung u. a. eine weitgehende Beschränkung des Unternehmensgegenstands auf die Immobilienanlage (§ 1 REITG), eine Begrenzung des Handels mit Immobilien (§ 14 REITG) oder bestimmte Strukturvorgaben, z. B. zum Mindesteigenkapital (§ 15 REITG). Gerade im Hinblick auf diese Strukturvorgaben referenziert das REITG explizit auf IAS 40 und legt der Beurteilung der Einhaltung dieser Vorgaben eine Bewertung nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts zugrunde.
Tz. 260
IAS 40.16 greift die Ansatzkriterien noch einmal auf. Dabei stellt der Standardsetter auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums i. S. d. Übergangs wesentlicher Chancen und Risiken ab, das zivilrechtliche Eigentum ist hingegen unerheblich.
Eine Besonderheit ergibt sich bei der Behandlung von Operating-Leasingverhältnissen. Der Leasingnehmer in einem Operating-Lease hat nach IAS 40.6 die Möglichkeit, eine geleaste Immobilie als Anlageimmobilie zu klassifizieren und zu bilanzieren. Dazu muss zum einen die Definition einer Anlageimmobilie (vgl. Tz. 155) erfüllt sein, d. h., es liegt i. d. R. ein Subleasingverhältnis mit einer weiteren Partei vor. Zum anderen muss der Leasingnehmer seine Anlageimmobilien nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts (vgl. Kapitel 6 Tz. 406 ff.) bewerten. Wird von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht, weist der Leasingnehmer des ersten Leasingverhältnisses den Leasinggegenstand auch ohne Übergang des wirtschaftlichen Eigentums in seiner Bilanz als Anlageimmobilie aus.
Tz. 261
Die Ansatzkriterien sind gem. IAS 40.17 auch auf nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten (costs incurred subsequently) anzuwenden. Erfüllen die Kosten für einen späteren Ausbau, den ...