Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 665
Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Unter Anschaffung ist dabei der Erwerb eines Vermögensgegenstandes von einem Dritten ohne Bearbeitung im eigenen Unternehmen, aber mit dem Versetzen in einen betriebsbereiten Zustand zu verstehen. Nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB zählen zu den Anschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten, die nachträglichen Anschaffungskosten und die Anschaffungspreisminderungen.
Anschaffungskosten liegen nur vor, wenn sich die Aufwendungen unmittelbar einem bestimmten Vermögensgegenstand zurechnen lassen, also Einzelkosten sind; der Ansatz von Gemeinkosten als Anschaffungskosten scheidet aus. Über die Zuordnung zu einem bestimmten Vermögensgegenstand entscheidet grds. die subjektive Zweckbestimmung der getätigten Aufwendung. Zusätzlich müssen die Aufwendungen aber auch objektiv in einem wirtschaftlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang stehen, d. h. der erklärte Parteiwille auch mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen. Dass auch ein formal-rechtlicher Zusammenhang (Fixierung in derselben Urkunde) zwischen Aufwand und Anschaffung besteht, ist nicht erforderlich. Auch brauchen die Aufwendungen weder objektiv notwendig noch betriebswirtschaftlich sinnvoll zu sein. Vielmehr gehören auch freiwillig erbrachte Leistungen zu den Anschaffungskosten, etwa solche, die der Beschleunigung des Abwicklungsvorgangs dienen.
Ohne Bedeutung ist, in welcher Weise der Aufwand getätigt wird. Nicht erforderlich sind bare oder unbare Auszahlungen, sondern es genügt auch die Begründung einer Verbindlichkeit, die Aufrechnung oder der wirksame Verzicht auf eine Forderung durch den Schuldner der Hauptleistung. Allerdings muss sich feststellen lassen, welchen Wert die an Erfüllung statt (§ 364 BGB) hingegebene Gegenleistung hat. Die Entgeltabrede muss aber in irgendeiner Form tatsächlich durchgeführt werden. Keine Aufwendungen sind aber entgangene Einnahmen, die wegen der Einräumung einer Option zum Aktienerwerb nicht getätigt wurden.
aa) Höhe der Anschaffungskosten, Äquivalenzprinzip
Tz. 666
Ob die Höhe des gezahlten Entgelts für den Erwerb angemessen ist, spielt für die Zugangsbewertung grds. keine Rolle. Vielmehr geht das Gesetz vom Äquivalenzprinzip aus. Maßgeblich für den Ansatz in der Bilanz ist danach die Gegenleistung. Sie definiert die Höhe der Anschaffungskosten und die Wertobergrenze für die Bewertung des anzusetzenden Vermögensgegenstandes. Anschaffungsvorgänge sind damit stets erfolgsneutral. Das gilt auch, wenn zugleich Lasten übernommen werden; sie sind gesondert zu passivieren. Umsatzsteuer ist nur Teil der Anschaffungskosten, wenn das Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Tz. 667
Definiert die Gegenleistung die Anschaffungskosten, kann es überhöhte Anschaffungskosten handelsbilanzrechtlich nicht geben. Eine Ausnahme davon wird diskutiert, wenn Transaktionen innerhalb eines Konzerns oder mit anderen nahestehenden Personen durchgeführt werden.
BEISPIEL
Der einzige Gesellschafter und Geschäftsführer der X-GmbH veräußert seinen gebrauchten PKW zu einem Preis 10.000 EUR an diese GmbH, obwohl er nur noch einen Wert von 5.000 EUR hat.
Grundsätzlich unterscheidet das Bilanzrecht nicht danach, ob Veräußerer und Erwerber in einem besonderen Verhältnis zueinander stehen. Allerdings ist gem. § 285 Nr. 21 HGB eine entsprechende Anhangangabe erforderlich. Steuerrechtlich wird der überhöhte Kaufpreis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft allerdings als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen mit der Folge, dass der erworbene Vermögensgegenstand lediglich mit dem sog. gemeinen Wert zu bewerten ist. Der überhöhte Betrag wird als Aufwand behandelt. Der handelsrechtliche Umgang mit der Problematik ist umstritten. Teilweise wird vertreten, es lägen lediglich Anschaffungskosten i. H. d. steuerrechtlich gemeinen Werts vor, der übersteigende, als verdeckt ausgeschüttete Betrag sei als Rückforderungsanspru...