Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 302
Der Ansatz eines biologischen Vermögenswerts oder eines landwirtschaftliches Erzeugnis erfolgt gemäß IAS 41.10 im Einklang mit den Vermögenswertkriterien des Rahmenkonzepts:
- Vergangenheitsbezug,
- Beherrschung des Vermögenswerts und
- wahrscheinlicher künftiger wirtschaftlicher Nutzenzufluss und verlässliche Bewertung des fair value.
Die Beherrschung eines Vermögenswerts wird durch das rechtliche Eigentum gekennzeichnet, so erhalten u. a. Kühe eine Markierung zur zweifelsfreien Regelung der Eigentumsfrage (IAS 41.11).
Tz. 303
Die Diktion des fair value wird anhand des Standards IAS 41 besonders deutlich. Der Standard verzichtet auf die kategorische Unterscheidung von Erst- und Folgebewertung. Die Folgebewertung bringt einzig die notwendigen Veräußerungskosten in Abzug (IAS 41.12 ff.), welche die inkrementalen Kosten der Veräußerung darstellen (IAS 41.5). Die fair value Bilanzierung folgt dem IFRS 13 als lex specialis (IAS 41.8). Der fair value kann den Anschaffungs-/Herstellungskosten, z. B. bei nur geringer biologischer (Folge-)Transformation weitestgehend entsprechen (IAS 41.24). Zudem können biologische Vermögenswerte zum Zwecke der Bewertung anhand ihrer wesentlichen Eigenschaften (significant attributes) zusammengefasst werden (IAS 41.15).
Tz. 304
IAS 41.8 benennt den fair value als Preisstellung aus einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag (IAS 41.8). Der Preis hängt vom Standort und Zustand, somit z. B. auch von der Gesundheit des Tieres, ab. Biologische Vermögenswerte, wie z. B. Bäume, können körperlich mit einem Grundstück verbunden sein (combined asset). IAS 41.25 erfordert für derart verbundene Vermögenswerte die Aufteilung des fair value auf das unbebaute Grundstück sowie den anderen Vermögenswert. Dies kann u. a. anhand der Restwertmethode erfolgen.
Tz. 305
Eine Ausnahme von der fair-value-Bewertung ist nur dann gestattet, wenn Marktpreise nicht zur Verfügung stehen und keine anderweitige fair-value-ähnliche Bewertung verlässlich ist. Eine Ausnahme ermöglicht in diesem Fall die Bilanzierung zu Anschaffungs- und Herstellungskosten (reliability exemption; IAS 41.30). Diese Ausnahme greift in aller Regel bei der Bilanzierung von Dauerkulturen und Plantagen. In den Herstellungskosten u. a. eines Jungtieres, sofern keine Marktpreise zur Bewertung vorliegen, sind direkte Kosten in den Herstellungskosten zu berücksichtigen (z. B. Tierarztkosten), wobei die Doppelerfassung, bei Mutter- und Jungtier, zu vermeiden ist. Für landwirtschaftliche Erzeugnisse ist die Bewertungsausnahme nicht anwendbar (IAS 41.32).
BEISPIEL
Der Holzproduzent X möchte seine Aktivitäten auf dem südamerikanischen Markt ausweiten und baut dafür erstmals Holz auf dem südamerikanischen Kontinent an. Zuverlässige Daten für den Holzanbau in der primär ins Auge gefassten Region bestehen nicht. Eine verlässliche Bemessung der fair value ist nicht möglich.
Die Bewertungsausnahme zu Anschaffungs- und Herstellungskosten beschränkt sich auf die Erstbewertung (IAS 41.31). Die Folgebewertung zu Anschaffungs- und Herstellungskosten erfolgt nach den für das zugrunde liegende Objekt einschlägigen Standards. Gleiches gilt für die Behandlung der nachträglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten. Ein in der Folgebewertung entfallender fair value führt nicht zur Anwendung der Ausnahme (IAS 41.31) bzw. ein zukünftig auftretender fair value wäre zwingend zu beachten.