Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 313
Der Standard enthält verschiedene Spezialvorschriften zur Bewertung immaterieller Vermögenswerte. Die Zugangsbewertung hat ihre Basis indes in den Bewertungsregelungen materieller Vermögenswerte. Insoweit gelten die Erläuterungen zu den grundlegenden Regeln der Bewertung nach IAS 16 auch hinsichtlich der Bewertung von Zugängen zu dem immateriellen Vermögen (vgl. Tz. 228). Jeweilige Ausgangsgröße sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten (cost; IAS 38.24). In der Folgebewertung ist zwischen der Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten (at amortised cost) und der Neubewertung (revaluation) zu unterscheiden (vgl. Tz. 237 ff.).
Tz. 314
Die Bewertung zu Anschaffungskosten bei entgeltlichem Erwerb (IAS 38.26) umfasst den Anschaffungspreis zuzüglich Zöllen, Steuern sowie abzüglich etwaiger Skonti und Preisnachlässe (IAS 38.27(a)). Hinzu kommen direkt zurechenbare Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft (IAS 38.27(b)), wie z. B. unmittelbar zurechenbare Arbeitnehmervergütungen oder die Kosten eines Funktionstests. Auch kann bei anschaffungsinhärenten Verbindlichkeiten eine Hinzuaktivierung zum Vermögenswert geboten sein. Diese bilanzielle Behandlung ist der Ausstrahlungswirkung des IAS 16 geschuldet. Sofern die Anschaffungstransaktion eine Finanzierungskomponente umfasst, ist der Barwert des Vermögenswerts anzusetzen und im Wege der Effektivzinsmethode fortzuentwickeln.
Tz. 315
Nach IAS 38.29 bestehen allerdings Aktivierungsverbote für folgende Kostenkomponenten:
- Produkteinführungskosten
- Allgemeine Verwaltungskosten
- Umzugskosten
- Kosten der Anpassung (z. B. an neue Vertriebskanäle)
Nachträglich anfallende Aufwendungen können nicht nachaktiviert werden (IAS 38.20), da diese regelmäßig der Werterhaltung dienen. Aktivierungsfähig sind letztlich nur Aufwendungen, die die ursprüngliche Leistungsfähigkeit erhöhen. Gerade bei immateriellen Vermögenswerten wird dies nur selten der Fall sein, z. B. bei Softwareprodukten, die eine wesentliche nachträgliche Verbesserung, über die Beseitigung von Programmfehlern hinaus, erfahren. Die Aktivierung von Aufwendungen setzt insgesamt aus, wenn die Betriebsbereitschaft des Vermögenswerts bestimmungsgemäß hergestellt ist (IAS 38.30).
Tz. 316
Der Bewertungsmaßstab beim Zugang via business combination ist der fair value. Dieser stellt auch bei immateriellen Vermögenswerten die Anschaffungskosten (IAS 38.33) dar. Der fair value berücksichtigt die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Nutzenzuflusses und wird i. d. R. anhand von Bewertungsmodellen ermittelt (IAS 38.35 ff.). Bei der Bewertung ist der highest and best use des Vermögenswerts unter Beachtung der Marktperspektive zu verwenden. Hierfür ist auf die Vorgaben von IFRS 13 zurückzugreifen (IFRS 13.93(i)).
BEISPIEL
Unternehmen X erwirbt in einer business combination ein Markenrecht, welches von X sowohl fortgeführt als auch stillgelegt werden könnte, da X eine ähnliche Marke bereits hält. Die Nutzenmatrix sieht wie folgt aus:
Nutzenmatrix (TEUR) |
Unternehmen X |
Marktteilnehmer |
Weiterführung |
100 |
250 |
Stilllegung |
300 |
0 |
Nutzenmatrix zur Bewertung der Alternativen
Trotz der Nutzenmaximierung bei Stilllegung liegt der fair value des Markenrechts bei 250.000 EUR, da die Bewertung aus Sicht des dritten Marktteilnehmers zu erfolgen hat. Dieser kann aus der Marke i. d. R. nur Nutzen ziehen, wenn er diese einsetzt anstatt stillzulegen.
Tz. 317
Beim Tausch findet zwischen den Vertragsparteien ein Ausgleich von Leistung und Gegenleistung in Gütern oder Services statt. Eine monetäre Bewertung der erhaltenen Leistung ist somit nur indirekt möglich, d. h. unter Berücksichtigung des Werts der erhaltenen Leistung als Bewertungssurrogat. Der fair value der erhaltenen Leistung determiniert i. d. R. den Zugangswert und damit die Erstbewertung (IAS 38.45). Die Ausführungen zu den Tauschregelungen nach IAS 16 (wirtschaftliche Substanz, Bewertungshierarchie usw.) gelten hier analog.
Tz. 318
In die Zugangsbewertung selbst hergestellter immaterieller Vermögenswerte gehen neben den direkt zurechenbaren Einzelkosten auch die sog. unechten Gemeinkosten ein (IAS 38.65 ff.). Eine Aktivierung von echten Gemeinkosten scheidet dagegen aus. Sofern ein qualifizierter Vermögenswert vorliegt, müssen Zinsen aktiviert werden (vgl. Tz. 736 ff.). Nicht einbezugsfähig sind gem. IAS 38.67 u. a. allgemeine Vertriebs- und Verwaltungskosten, vergebliche Aufwendungen sowie Ausbildungskosten.