Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 258
Zu Beginn des Leasingverhältnisses (at inception) kategorisieren die Leasingparteien das Leasingverhältnis als finance oder operating lease. Bei einem finance lease bilanziert der Leasingnehmer den Vermögenswert. Mit Beginn des Nutzungsverhältnisses wird dieser Vermögenswert und eine Leasingverbindlichkeit eingebucht. Deren Höhe bestimmt sich anhand des niedrigeren Werts aus Barwert der Mindestleasingzahlungen und fair value des Vermögenswerts (IAS 17.20), somit definiert der fair value eine Bewertungsobergrenze.
Tz. 259
Die Folgebewertung konzentriert sich auf
- einen Vermögenswert sowie
- eine Leasingverbindlichkeit.
Die Folgebewertung des Vermögenswerts orientiert sich an den Vorschriften von IAS 16, d. h. die Bewertung kann sowohl anhand der Neubewertungsmethode als auch anhand der fortgeführten Anschaffungskosten (vgl. Tz. 237) erfolgen. Bei Verwendung der fortgeführten Anschaffungskosten ist die Abschreibung des Vermögenswerts über die Leasinglaufzeit vorzunehmen, sofern nicht der Eigentumsübergang des Vermögenswerts hinreichend sicher ist und damit die längere wirtschaftliche Nutzungsdauer herangezogen werden muss (IAS 17.28). Dies könnte zum Beispiel bei einem Spezialleasing indiziert sein. Bei unplanmäßiger Abnutzung kann auch eine Wertminderung im Sinne des IAS 36 einschlägig sein. Hinsichtlich der dahingehend geltenden Regelungen vgl. Tz. 444.
Tz. 260
Die Folgebewertung der Leasingverbindlichkeiten unterscheidet zwischen Finanzierungskosten und Tilgung der Leasingverbindlichkeit (IAS 17.25). Die in der Gewinn- und Verlustrechnung als Zinsaufwand auszuweisenden Zinszahlungen (Finanzierungkosten) sind unter Berücksichtigung einer gleichbleibenden Verzinsung auf die Perioden zu verteilen. Der Restbetrag (Leasingzahlung abzüglich der Zinszahlungen) entspricht dem Tilgungsbetrag der Leasingverbindlichkeit.
Tz. 261
Verbleibt neben dem zivilrechtlichen Eigentum auch das wirtschaftliche Eigentum beim Leasinggeber und führt infolgedessen die Klassifizierung des Leasingverhältnisses zu einem operating lease, bleibt die Bilanz des Leasingnehmers zu Beginn des Leasingverhältnisses unberührt. Aus Sicht des Leasingnehmers besteht ein Mietverhältnis über den Leasinggegenstand, bei dem dieser Leasingraten für die Nutzung bezahlt. Künftige Leasingzahlungen laufen über die Laufzeit des Leasingverhältnisses linear als Aufwand der Periode durch die GuV, es sei denn eine andere systematische Abbildung spiegelt den zeitlichen Verlauf der Nutzung besser wider (IAS 17.33). Denkbar wäre in diesem Zusammenhang bspw. eine degressive Inanspruchnahme des Nutzungspotenzials des Leasinggegenstands. In einem solchen Fall stimmen die Zahlungsmodalitäten nicht mehr mit der aufwandswirksamen Abbildung der Nutzung des Leasinggegenstands überein. In der Folge entsteht ein Unterschiedsbetrag zwischen Grenzauszahlungen und Grenzaufwendungen. Der Unterschiedsbetrag wird bilanziell durch Erfassung eines sonstigen Vermögenswerts oder einer sonstigen Verbindlichkeit abgebildet. Analog bzw. umgekehrt erfolgt auch eine Erfassung einer sonstigen Verbindlichkeit oder eines sonstigen Vermögenswerts beim Leasinggeber.
Im Allgemeinen sollen gemäß IAS 17.50 die Aufwendungen in Form von Leasingraten dabei spiegelbildlich zu der ertragswirksamen Vereinnahmung der Leasingzahlungen des Leasingnehmers beim Leasinggeber erfasst werden.
Tz. 262
Gewährt der Leasinggeber dem Leasingnehmer Vorteile bei Abschluss des Leasingverhältnisses, sind Anreizvereinbarungen des Leasinggebers periodengerecht zu verteilen. Hintergrund ist die konzeptionelle Forderung einer accrual basis of accounting in den IFRS (IAS 1.25). Beispiele für solche Anreizvereinbarungen können Barzahlungen an den Leasingnehmer oder die Rückerstattung bzw. Übernahme von Kosten des Leasingnehmers durch den Leasinggeber (wie Verlegungskosten, Mietereinbauten etc.) sein. Es kann hingegen auch vereinbart werden, dass in den Anfangsperioden der Laufzeit des Leasingverhältnisses keine (mietfreie Perioden) oder eine reduzierte Miete gezahlt wird. Gemäß SIC 15 sind sämtliche Anreize für Vereinbarungen über entweder einen neuen oder einen erneuerten operating lease als Bestandteil der Nettogegenleistung zu erfassen, die im Zuge der Vereinbarung über die Nutzung des Leasinggegenstands zwischen den Parteien abgemacht wurden. Die periodengerechte Verteilung erfolgt dabei unabhängig von der Ausgestaltung des Anreizes, der Form und den Zeitpunkten der Zahlungen. In SIC 15 wird nicht festgelegt, welchem Bilanzposten die Periodenabgrenzungen zugeordnet werden könnte. Eine Möglichkeit besteht in der Passivierung einer (technischen) Verbindlichkeit in einem Posten deferred income (liability in a technical sense).
BEISPIEL
Die Mietfrei AG vereinbart mit der Leasing AG als Leasinggeber einen Mietvertrag über die Nutzungsüberlassung einer Maschine. Vereinbart wird eine Vertragslaufzeit von 10 Jahren, wobei die ersten beiden Jahre für die Mietfrei AG mietfrei sind und danach eine jährliche Miete in Höhe von 10...