Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 412
IAS 40.30 gewährt ein Methodenwahlrecht, wonach zur Folgebewertung von Anlageimmobilien das Modell des beizulegenden Zeitwerts (fair value model) oder das Anschaffungskostenmodell (cost model) verwendet werden kann. IAS 40 spricht in diesem Zusammenhang von einer Rechnungslegungsmethode. Die gewählte Methode ist grundsätzlich auf den gesamten Bestand der Anlageimmobilien anzuwenden. Dabei ist gem. IAS 8.13 dem Grundsatz der Stetigkeit zu folgen (vgl. Kapitel 5 Tz. 353). Dadurch soll vermieden werden, dass aus bilanzpolitischen Gründen zwischen dem Anschaffungskostenmodell und dem Modell des beizulegenden Zeitwerts hin und her gesprungen wird – z. B. in Perioden steigender Immobilienpreise Zeitwerte, bei sinkenden Immobilienpreisen die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Ansatz kommen. Eine Durchbrechung der Stetigkeit ist nur zulässig, wenn
- dies aufgrund eines IFRS erforderlich ist oder
- dadurch der true-and-fair-view-Gedanke besser umgesetzt werden kann.
Ist eine dieser Voraussetzungen erfüllt, findet IAS 8.22 Anwendung. Danach sind Methodenänderungen grundsätzlich retrospektiv und erfolgsneutral vorzunehmen. Vorbehaltlich des Wesentlichkeitsgrundsatzes sowie etwaiger Kosten-Nutzen-Überlegungen ist die Methodenänderung also so durchzuführen, als wäre die nunmehr angewendete Rechnungslegungsmethode schon immer auf diese Art und Weise angewendet worden. Allerdings wird in IAS 40.31 postwendend klargestellt, dass es aus Sicht des IASB höchst unwahrscheinlich ist, dass ein Wechsel vom Modell des beizulegenden Zeitwerts zum Anschaffungskostenmodell eine relevantere Darstellung zur Folge hat. Zülch/Willms sehen jedoch gerade bei der Anwendung der Zeitwertbewertung in Sanierungsfällen Probleme in Bezug auf die sachgerechte Darstellung der Vermögenslage und schlagen in diesen Fällen einen Methodenwechsel nach IAS 8 hin zum Anschaffungskostenmodell vor.
Tz. 413
Die Notwendigkeit der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts der Anlageimmobilien ergibt sich grundsätzlich unabhängig von der Wahl der Rechnungslegungsmethode. Zwar kommt der beizulegende Zeitwert bei Verwendung des Modells des beizulegenden Zeitwerts in der Bilanz zum Ansatz, dieser ist aber auch bei Verwendung des Anschaffungskostenmodells als Anhangangabe zu berücksichtigen.
Tz. 414
Da Anlageimmobilien regelmäßig einen wesentlichen Posten darstellen, sind sie grundsätzlich auch einzeln zu bewerten. Eine Bewertung eines Immobilienportfolios i. S. einer Gruppenbewertung wird u. U. als zulässig erachtet, sofern die Immobilien
- einer homogenen Gruppe von Immobilien zugeordnet werden können und
- identische wertrelevante Parameterausprägungen aufweisen.
Da Immobilien i. d. R. jedoch vergleichsweise inhomogene Vermögenswerte darstellen, dürfte die Gruppenbewertung hier lediglich in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen.
Tz. 415
Das Methodenwahlrecht des IAS 40.30 kann nicht genutzt werden, wenn sich ein Leasingnehmer im Rahmen eines Operating-Leasingverhältnisses für die Behandlung einer geleasten Immobilie als Anlageimmobilie – inkl. deren Bilanzansatz – entscheidet. Voraussetzung hierfür ist, dass der Leasingnehmer alle Anlageimmobilien nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts bewertet (IAS 40.60). Eine Anwendung des Anschaffungskostenmodells kommt damit für den Bestand der Anlageimmobilien nicht mehr in Frage.
Tz. 416
Entscheidet sich ein Unternehmen nach dem Erstansatz einer Anlageimmobilie dazu, diese nach dem Anschaffungskostenmodell zu bewerten, sind gem. IAS 40.56 die Regelungen des IAS 16 zum Anschaffungskostenmodell anzuwenden (vgl. Tz. 236 ff.), eine Anwendung des Neubewertungsmodells (revaluation model) ist nicht zulässig. Demgemäß ist der Buchwert der Anlageimmobilien in den Folgeperioden um planmäßige Abschreibungen und ggf. Wertminderungen zu verringern, etwaige Wertaufholungen sind maximal bis zur Höhe der fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen. Hinsichtlich Wertminderungen und Wertaufholungen sind die Regelungen des IAS 36 einschlägig (vgl. Tz. 444 ff.).
Tz. 417
Nicht anzuwenden ist das Anschaffungskostenmodell auf Anlageimmobilien, die mit hoher Wahrscheinlichkeit veräußert werden und somit nach IFRS 5 als zur Veräußerung gehalten klassifiziert werden oder zu einer entsprechenden Veräußerungsgruppe gehören (vgl. Kapitel 5 Tz. 314 ff.). Sie sind nach den Regeln des IFRS 5 mit dem niedrigeren Wert aus Buchwert und beizulegendem Zeitwert abzgl. Veräußerungskosten (fair value less costs to sell) zu bewerten.
Tz. 418
IAS 40.19 regelt zudem die Aktivierung von Ausgaben für den Ersatz eines Teils einer Anlageimmobilie als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn diese die Ansatzkriterien erfüllen. Entsprechend dem Grundgedanken des Komponentenansatzes (component approach, vgl. Tz. 105 ff.) ist mit der Aktivierung der Ausgaben für den Ersatz der Buchwert des ersetzten Teils auszubuchen (IAS 40.68).
Tz. 419
Wendet ein Unternehmen bei der Folgebewertung das Mo...